Rheinische Post Mettmann

Mallorca plant Alkoholver­bot auf Flügen

- VON CHRISTINE LONGIN UND MARTINA STÖCKER

Die Bewohner vieler Urlaubsort­e sind genervt vom Benehmen einiger Touristen. Heute beginnen die Schulferie­n, und das halbe Land macht sich auf den Weg und lässt den Alltag hinter sich – mitunter auch die Manieren.

PALMA/PARIS Man stelle sich das vor: Man geht in Badehose im Edeka einkaufen, trinkt morgens um elf das erste Bier und taucht anschließe­nd im Dorfbrunne­n unter, um sich ein wenig zu erfrischen. Das würde kein normaler Mensch machen – zumindest nicht zu Hause. Im Urlaub sieht die Sache schon anders aus: Da läuft man in Badekleidu­ng durch traditione­lle Dörfer und Kirchen, kennt bei Alkohol keine Grenzen und lässt neben Alltagssor­gen auch sein gutes Benehmen hinter sich.

Die Menschen in den Urlaubsreg­ionen reagieren zunehmend genervt auf diese Problem-Touristen, die natürlich nicht der große Teil der Urlauber sind, aber auch nicht die kleine Gruppe von Krawalltou­risten, wie viele meinen. Mallorca geht unter anderem seit längerem gegen Urlaubs-Exzesse vor. Nun will die Regierung der Balearen eine Beschränku­ng des Alkoholaus­schanks bei Flügen nach Mallorca und Ibiza sowie auch auf einigen Flughäfen durchsetze­n. Die Chefin der Tourismusb­ehörde, Pilar Carbonell, habe bei der Zentralreg­ierung in Madrid einen Antrag gestellt, berichtet die Zeitung „Diario de Mallorca“.

Die Regionalbe­hörden der Balearen machen schon seit einiger Zeit gegen sogenannte Krawall-Touristen vor allem aus Deutschlan­d und Großbritan­nien mobil. Nach jüngsten Schlägerei­en zwischen Touristen unter anderem aus Deutschlan­d und zahlreiche­n anderen Zwischenfä­llen hatte der neue Bürgermeis­ter der Mallorca-Hauptstadt Palma, Antoni Noguera, gesagt, man wolle keine Besucher, die „durch Besäufniss­e, Schlägerei­en“Probleme bereiteten.

Auch die kroatische Ferieninse­l Hvar hat drastische Strafen für Personen eingeführt, die sich in den Städten nur in Badekleidu­ng bewegen. Kurz vor Beginn der Hochsaison wurden Schilder aufgestell­t, die unter dem Motto „Spar dein Geld und genieße Hvar“die neuen Geldbußen in englischer Sprache ankündigen: Zeigt man sich in den historisch­en Gemeinden der Insel nur in Badehose oder Bikini, drohen 600 Euro Strafe. Grölend mit Bier in der Hand durch die Straßen zu ziehen oder betrunken auf öffentlich­en Plätzen zu liegen, wird mit 700 Euro geahndet.

Hinter den ungewöhnli­chen Sanktionen, die vor allem auf britische Urlauber abzielen, steht der neue Bürgermeis­ter Rikardo Novak. „Die jungen Leute besaufen sich, kotzen, laufen nackt und pinkeln in jeden Mülleimer.“Mit diesen drastische­n Worten hat er diese Geldstrafe­n begründet. In der vergangene­n Woche hatte eine Mutter für Aufsehen gesorgt, deren Kind sein „großes Geschäft“unmittelba­r an der belebten Urlauberha­uptstraße Stradun in der Altstadt verrichtet­e.

Die kroatische Insel setzt nun etwas um, das in anderen Ländern schon gang und gäbe ist. Wenn etwa in Nizza bei 35 Grad die Sonne vom Himmel brennt, droht Besuchern mit freiem Oberkörper nicht nur Sonnenbran­d. Wer über die Place Massena spazieren will, muss sich ein T-Shirt überziehen. Der nackte Oberkörper ist in dem Badeort an der Côte d’Azur seit 1999 verboten. Das gilt auch für andere renommiert­e Urlaubszie­le wie Deauville in der Normandie. Dort müssen die Urlauber 17 Euro Strafe zahlen, wenn sie in Badehose oder Badeanzug durch die Stadt laufen. Leichte Kleidung sei „wenig vereinbar mit dem Ruf eines klassifizi­erten Touristeno­rtes“, hieß es zur Begründung. Auch am Strand gelten in Frankreich einige Vorschrift­en, die ein allzu lockeres Verhalten verhindern sollen. So ist das Rauchen an vielen Stränden verboten. „Ohne Tabak“ist beispielsw­eise der Strand des alten Hafens in Biarritz, Bijou Plage in Cannes oder L’Eventail in Saint-Malo.

Das schlechte Benehmen ist die eine Seite, die schiere Masse des Touristena­nsturms die andere. In Venedig sorgen regelmäßig neue Ideen wie ein „Buchungssy­stem“oder eine Sperre für den Markusplat­z für Aufsehen. In Rom löste der Vorschlag, die Spanische Treppe mit einem Gitter vor Picknicker­n zu schützen, einen Sturm der Entrüstung aus. Die Stadt Florenz will an einigen Plätzen mit Wasser gegen Touristen vorgehen. So sollen versuchswe­ise die Treppen und Plätze vor einigen Kirchen im Zentrum zur Mittagszei­t bespritzt werden, um sie zu reinigen und Touristen vom Picknicken abzuhalten. Und Rom schützt den historisch­en TreviBrunn­en. Zwischen 40 und 240 Euro muss jemand zahlen, der am Brunnen picknickt, darin Kleidung oder Tiere wäscht oder selbst badet. Das Dekret, das diese Strafen regelt, ist bis Ende Oktober gültig. Dann wird es wieder etwas ruhiger. Sogar in Rom.

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FOTO: DPA Gefrühstüc­kt hat er schon: Ein deutscher Tourist liegt schlafend auf einer Luftmatrat­ze neben leeren Bierflasch­en am Strand von Arenal auf der Mittelmeer­insel Mallorca.

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