Kalenderblatt 14. Juli 1902
Die ganze Welt war bestürzt. Als am 14. Juli 1902 in Venedig der Markusturm in sich zusammenfiel, war er international als Wahrzeichen der Lagunenstadt bekannt. In Venedig nannte man ihn „El paron de casa“, den „Herrn des Hauses“. Vor allem im Mittelmeerraum hatte der knapp 100 Meter hohe Campanile des Markusdoms die Architekten über Jahrhunderte hinweg beeinflusst. In zahlreichen Städten und Dörfern Sloweniens und Kroatiens zeugen noch heute kleinere Nachbildungen des Markusturms vom Einfluss der venezianischen Republik auf die gesamte Region. Vieles hatte der Markusturm überstanden. Der Blitz war schon mehrfach eingeschlagen, Brände hatten immer wieder schwere Schäden angerichtet. Doch 1902 waren es schließlich unüberlegte Bauarbeiten, die den Turm zum Einsturz brachten. Die Stadt wollte einen Aufzug einbauen. Am Tag vor dem Einsturz zeigten sich am ganzen Bau Risse. Die Menschen waren gewarnt, konnten jedoch nichts tun. Am Morgen mussten die Venezianer beobachten, wie das Wahrzeichen ihrer Stadt zerbrach. Noch am Abend beschloss der Stadtrat den Wiederaufbau. Der neue Markusturm wurde als Kopie des alten wiederrichtet, die alten Steine wurden nach Möglichkeit erneut verwendet. Heute steht der Turm mit seinen roten Backsteinfronten wieder dort, wo er über Jahrhunderte gestanden hatte: direkt neben der Kathedrale an der Piazza San Marco.