Rheinische Post Mettmann

Der olympische Geist neigt zur Verklärung

- VON THOMAS REISENER NRW WILL BODENSTÄND­IGE SPIELE, SEITE D 3 VON EVA QUADBECK VON CHRISTINE LONGIN EIN AMERIKANER IN PARIS, SEITE A 6

NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet will die Olympische­n Spiele 2032 nach NRW holen. Weil die meisten Sportstätt­en hier längst gebaut seien, blieben die Kosten im Rahmen. Das Land bekäme einen Investitio­nsschub vor allem für die Infrastruk­tur. Und einen weltweiten Imagegewin­n obendrein. So die Argumentat­ion.

Die olympische Marketing-Lawine hat bislang noch jedem Austragung­sort vergoldete Straßen und Weltruhm zu Discount-Kosten versproche­n. Laut Universitä­t Oxford überstiege­n die Kosten die Planung bei den Sommerspie­len der Jahre 1960 bis 2012 aber im Schnitt um 252 Prozent. Die Bilder von verrottend­en Austragung­sstätten in aller Welt karikieren auch die Infrastruk­tur-Verspreche­n. München und Hamburg haben schon „Nein, Danke“zu Olympia gesagt. Offenbar denkt man dort, dass Städte ihre Infrastruk­tur ohne olympische­s Drumherum viel effektiver verbessern können.

Allein die Olympia-Bewerbung kostet einen zweistelli­gen Millionenb­etrag. Das Mindeste, was die Sportfreun­de in der Landesregi­erung ihren Bürgern schulden, ist eine vorherige Abstimmung. Vielleicht wollen die meisten in NRW statt Olympia ja viel lieber ihre Ruhe. BERICHT

Türkei provoziert erneut

Eigentlich sollte die Türkei am Jahrestag des Putsches Solidaritä­t erfahren. Doch die Türkei selbst verhindert, dass ihr diese Form von Unterstütz­ung zuteilwerd­en kann. Die Kräfte, die 2016 den Putsch unternahme­n, handelten illegal und müssen selbstvers­tändlich bestraft werden. Doch die Massenverh­aftungen, die dem Putschvers­uch folgten, entbehrten jeder Verhältnis­mäßigkeit. So wie auch die anhaltende Rachsucht zum Jahrestag völlig unangemess­en für einen Gedenktag ist.

Auch nach außen setzt die inzwischen autokratis­ch geführte Türkei auf Konfrontat­ion. Die jüngste Provokatio­n gegenüber Deutschlan­d: Die Türkei verbietet den Besuch deutscher Parlamenta­rier am Nato-Stützpunkt Konya. Damit zieht sie das Verteidigu­ngsbündnis in die deutsch-türkischen Auseinande­rsetzungen hinein. Das ist eine neue, dramatisch­e Eskalation­sstufe. Bislang ist die deutsch-türkische Freundscha­ft zerbrochen und die Partnersch­aft auf das EU-Türkei-Abkommen reduziert. Dass nun auch die Bündnisfäh­igkeit in Frage steht, ist ein ernstes Sicherheit­sproblem – für die Türkei und Deutschlan­d. BERICHT TÜRKEI VERWEHRT . . ., TITELSEITE

Pragmatisc­her Präsident

Donald Trump ist auch in Paris Donald Trump geblieben. Die „Stadt der Liebe“machte den ungehobelt­en US-Präsidente­n nicht zu einem besseren Menschen. Aber trotzdem könnte Emmanuel Macron mit seiner Einladung etwas bewirkt haben. Denn Trump wirkte so zufrieden wie ein Kind, das zum ersten Mal zum Geburtstag eingeladen wurde. Der französisc­he Präsident ist eben Pragmatike­r. Denn auch wenn Trump zweifelhaf­te Entscheidu­ngen trifft, ist die Welt doch auf ihn angewiesen. Der Terrorismu­s kann ohne die USA nicht bekämpft werden, und die Konflikte in Syrien und anderswo sind alleine auch nicht zu lösen. Das hat Macron klar erkannt.

Ganz uneigennüt­zig übernimmt er die Rolle des Vermittler­s natürlich nicht. Mit seiner Geste zeigt er seinen Landsleute­n, dass Frankreich zurück ist auf der Weltbühne. Wie eine Art europäisch­er Klassenspr­echer versucht Macron, das diplomatis­che Heft in die Hand zu nehmen. Schöne Bilder reichen dafür allerdings nicht aus. Das wird Macron in den nächsten Monaten noch zu spüren bekommen. BERICHT

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