Barguil lässt die Franzosen jubeln
Der Radprofi des deutschen Sunweb-Teams gewinnt am Nationalfeiertag die 13. Etappe der Tour de France. Der am Vortag geschlagene Titelverteidiger Froome zeigt sich angriffslustig. Italiens Meister Aru fährt weiter in Gelb.
Früher gab es im Fußball die Sommerpause. Das war eine sinnvolle Einrichtung. Sie gewährte dem kickenden Personal ein paar Monate zur Entspannung, womöglich sogar zur Selbstfindung. Sie gab anderen Sportarten die Gelegenheit, sich aus dem langen Schatten des Fußballs zu lösen. Und sie führte Familien gerade noch rechtzeitig für ein einige Wochen wieder zusammen, deren innere Verbindung durch die eher einseitige Freizeit-Beschäftigung so mancher Familienmitglieder auf Dauer schweren Prüfungen ausgesetzt war. FOIX (dpa) Ein inniger Kuss von Freundin Gabrielle, ein Handschlag vom strahlenden Tourchef Christian Prudhomme – und seine begeisterten Landsleute waren vollkommen aus dem Häuschen. Warren Barguil hat der „Grande Nation“am Nationalfeiertag das perfekte Geschenk geliefert. „An diesem Tag zu gewinnen, ist außergewöhnlich. Ich bin überglücklich. Ich bin volles Risiko in der letzten Kurve gegangen, und es ist aufgegangen“, sagte der kleine Bergkönig vom deutschen Sunweb-Team nach seinem Triumph in Foix. Erstmals seit zwölf Jahren bescherte Barguil den Gastgebern wieder einen Heimsieg am nationalen Ehrentag.
Als heimlicher Sieger durfte sich auf der nur 101 Kilometer langen 13. Etappe von Saint-Girons nach Foix auch Titelverteidiger Chris Froome fühlen. Der am Vortag geschlagene Vorjahressieger schaltete zurück in den Angriffsmodus und brachte mit seiner starken Sky-Mannschaft die Rivalen ins Schwitzen und ins Grübeln. „Wir haben ein bisschen gespielt und werden das fortsetzen. Für uns ist es perfekt gelaufen“, sagte Froome, auch wenn seine Attacken diesmal erfolglos blieben.
Froome zeigte sein ganzes Repertoire. Erst bluffte er an den Rampen zur Mur de Péguère und täuschte eine Schwäche vor, dann ließ er scharfe Attacken folgen und ging auch auf der halsbrecherischen Abfahrt ans Limit. „Gestern habe ich mich sehr schwach gefühlt, heute ging es viel besser“, sagte Froome. Dazu hatte seine Mannschaft Mikel Landa in der Ausreißergruppe platziert, womit Spitzenreiter Fabio Aru als Einzelkämpfer weiter unter Druck geriet. Die Rechnung der Briten ging (noch) nicht auf. Froome, Aru und die weiteren Topfavoriten erreichten 1:48 Minuten hinter den Ausreißern einträchtig das Ziel. Damit trägt Aru weiter das Gelbe Trikot des Gesamtersten. Doch der Vor-
Das war einmal. Fußball ist zum Ganzjahres-Konsumgut verkommen. Das liegt einerseits an den internationalen Verbänden, die alle Jahre wieder den Sommer zu einem beträchtlichen Teil mit Turnieren anfüllen, deren sportlicher Wert einer genaueren Betrachtung vermutlich nicht in allen Bereichen standhalten würde. Andererseits liegt es am Transfertheater, das in den Pausen zwischen den Spielzeiten alljährlich (nicht mal nur zur Sommerzeit) öffentlich aufgeführt wird.
Die segensreiche Erfindung der sozialen Medien macht aus den Be- sprung ist minimal: Froome liegt sechs, der französische Publikumsliebling Romain Bardet auch nur 25 Sekunden hinter dem italienischen Meister. Und auch der Kolumbianer Rigoberto Uran ist mit 35 Sekunden Rückstand in Schlagdistanz. Dazu hat Sky in Landa eine weitere Opti- mühungen des Klubs B um den Spieler A, aus den Wünschen und Hoffnungen der Spielerberater, aus den Einschätzungen der Fans, aus der Spekulation um Summen, Unsummen und Ablösesummen ein munteres Hin und Her, mit dem sich so mancher den lieben, einst langen Tag verkürzt. So wird auch noch aus diesem Geschäft ein Teil der Unterhaltungsindustrie – das ist wahrscheinlich dann wieder ganz so, wie das deren Erfinder sich vorgestellt haben.
Da ist es fast ein Trost, dass einige der Hauptdarsteller in diesem Som- on. Der Spanier liegt als Fünfter nur noch 1:09 Minuten hinter Aru.
Barguil, der vor dem kolumbianischen Giro-Zweiten Nairo Quintana und Ex-Toursieger Alberto Contador gewann, sorgte für den vierten französischen Etappensieg bei der 104. Frankreich-Rundfahrt. Und auch den Vorsprung in der Bergwertung festigte der Sunweb-Profi, der im Frühjahr noch lange verletzt ausgefallen war. „Jetzt will ich das Trikot bis nach Paris tragen“, sagte Barguil. Das Grüne Trikot des Punktbesten ist auf den Schultern von Marcel Kittel, der mehr als 20 Minuten hinter Barguil das Ziel erreichte. In den Pyrenäen geht es für die Sprinter einzig ums rechtzeitige Ankommen. Meistert Kittel die Bergetappen, wird ihm Grün in Paris kaum zu nehmen sein.
Verwirrung hatte es vor der Etappe um Uran gegeben. Der Kolumbianer war am Donnerstag mit einer 20-Sekunden-Strafe belegt worden, weil er kurz vor Rennende eine Wasserflasche vom Straßenrand angenommen hatte. Laut Reglement des Weltverbandes ist es nicht erlaubt, auf Anstiegen und Abfahrten während der ersten 50 und der letzten 20 Kilometer Verpflegung anzunehmen. Laut UCI seien aber die Teamfahrzeuge blockiert gewesen, so dass eine Versorgung der Fahrer nicht stattfinden konnte.
Beendet ist die Tour für Jakob Fuglsang. Der Däne quälte sich nach seinem Handgelenksbruch zunächst am Ende des Feldes über die Berge, später stieg er ganz aus. Damit verschärft sich die Situation für Aru, der einen weiteren Edelhelfer nach Dario Cataldo verlor.
Der Fußball kennt keine Sommerpause mehr
mertheater nicht alle Details der Aufführung nur genießen. Man darf zum Beispiel davon ausgehen, dass Jörg Schmadtke, der Manager des 1. FC Köln, das Geschacher um den Wechsel des französischen Fußballers Anthony Modeste nach China nicht unbedingt mit äußerster Begeisterung betrieben hat. Er sah jedenfalls nicht so aus, wenn er die Geschichte mal wieder kommentieren musste, und er hörte sich auch nicht so an. Selbst wer gelegentliches Knurren zu Recht Schmadtkes Geschäftsmodell zuordnen kann, der weiß: Es gibt auch ein wirklich verärgertes Knurren, das deutlich über das freundliche Grundknurren hinausreicht.
Am Ende aber erfüllt beides seinen Zweck. Das Publikum fühlt sich unterhalten, und der Handel klappt dann doch. Darüber darf wieder in den sozialen Medien diskutiert werden, die den Stammtisch früherer Tage um ein paar Millionen Plätze erweitert haben. Und tatsächlich wird bald wieder Fußball gespielt.
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