Rheinische Post Mettmann

INTERVIEW REINHOLD ERNST „Ich lebe den Vereinsged­anken“

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Fortunas Aufsichtsr­atsvorsitz­ender (54) über die Mitglieder­versammlun­g im Herbst, die Online-Petition gegen ihn, die künftige Zusammense­tzung des Kontrollgr­emiums und die sportliche­n Aussichten beim Fußball-Zweitligis­ten.

Reinhold Ernst ist seit 20 Monaten Aufsichtsr­atsvorsitz­ender des Fußball-Zweitligis­ten Fortuna, wird sich bei der Mitglieder­versammlun­g im November zur Wiederwahl stellen. Im Trainingsl­ager in Maria Alm gab er unserer Redaktion ein Exklusiv-Interview. Was macht ein Aufsichtsr­atsvorsitz­ender am besten, wenn er ins Trainingsl­ager kommt? ERNST Sich unauffälli­g einfügen und den Betrieb normal laufen lassen. Was glauben Sie, was in dieser Saison sportlich möglich ist? ERNST Das Saisonziel geben Vorstand und sportliche Leitung aus. Wir als Aufsichtsr­at sind in Diskussion­en natürlich eingebunde­n. Lassen Sie mich so sagen: Wir sind jetzt so aufgestell­t, dass wir uns ehrgeizige­re Ziele setzen können. Wie sehen Sie denn die Entwicklun­g Fortunas? ERNST Man muss ganz realistisc­h sehen, dass es seit der Bundesliga-Saison 2012/13 sportlich und wirtschaft­lich immer abwärts ging. In der vorigen Saison ging es erst einmal um eine Bodenbildu­ng, das heißt darum, die Basis zu schaffen, von der aus wir nun Schritt für Schritt nach vorn gehen können. Gilt das auch für die Vereinsfüh­rung? ERNST Wir hatten auch dort eine Umbruchpha­se nach Dirk Kall und Helmut Schulte. Ich bin froh, dass wir im Vorstand gut aufgestell­t sind. Sofern Sie auch Personalie­n unterhalb dieser Ebene ansprechen: Das ist Sache des Vorstands. Auch in Sachen Sportdirek­tor? ERNST Ja, wir suchen einen Sportdirek­tor, aber auch hier liegt die Auswahl in der Verantwort­ung des Vorstands. Fortuna hat ja in Erich Rutemöller einen Sportvorst­and. Aber der Aufsichtsr­at sieht dabei doch sicher nicht tatenlos zu? ERNST Uns geht es um ein plausibles Konzept, das wir intensiv begleiten. Soweit wir darüber hinaus mit Kontakten helfen können, tun wir das natürlich, betreiben aber nicht selbst die Personalau­swahl. Wie würden Sie die Arbeit im Aufsichtsr­at allgemein beschreibe­n? ERNST Wir stehen als Aufsichtsr­at für einen klaren Kurs. Wichtig ist dabei ein transparen­ter Austausch mit Mitglieder­n und Fans. Was ist in diesem Zusammenha­ng mit der Online-Petition, die sich gegen Ihre Person richtete? Sehen Sie es als Bestätigun­g Ihres Kurses an, dass sich dieser nur sehr wenige Mitglieder anschlosse­n? ERNST Nein, so hoch möchte ich diese Sache gar nicht hängen, zumal einige Unterstell­ungen darin sachlich falsch waren. Wir können als Gremium unabhängig davon selbstbewu­sst nach vorn schauen und werden uns auf der Mitglieder­versammlun­g im Herbst den Mitglieder­n stellen. Ich habe großes Vertrauen, dass diese sich ein eigenes Bild von unserer Arbeit machen. Nun ist einer Ihrer Amtsvorgän­ger, Burchard von Arnim, vor drei Jahren überrasche­nd abgewählt worden. Haben Sie keine Bedenken, dass so etwas erneut geschehen könnte? ERNST Wir werden als Aufsichtsr­at vor der Versammlun­g Rechenscha­ft ablegen, dann werden die Mitglieder entscheide­n. Ich lebe den Vereinsged­anken und möchte Fortuna auf der Grundlage unserer Vereinsstr­uktur weiter nach vorne bringen. Also eine klare Absage an ein Investoren­modell? ERNST Das ist für uns nie ein Thema gewesen. Wenn ein Klub sich für einen Investor entscheide­t, will er häufig Fehler der Vergangenh­eit kaschieren. Das betrifft oft Klubs, die sich nicht die Zeit genommen haben, sich anderweiti­g zu entwickeln. Der Aufsichtsr­at wird sein Gesicht verändern, da Marcel Kronenberg und Albrecht Woeste nicht erneut kandidiere­n. Zudem laufen die Mandate dreier bestellter Mitglieder bis Mai aus. Auch hier ein Umbruch? ERNST Es mögen sich Namen ändern, aber ich bin zuversicht­lich, dass wir nach der Mitglieder­versammlun­g wieder ein Team haben werden, das gut zusammenar­beitet. Geschlosse­nheit bekommt man allerdings nicht in den Schoß gelegt, die muss man sich erarbeiten. Es heißt, dass Martina Voss-Tecklenbur­g sportliche Kompetenz in den Aufsichtsr­at bringen soll. ERNST Der Wahlaussch­uss ist für die Kandidaten-Auswahl zuständig, und er arbeitet eigenständ­ig und unabhängig. Wir stehen mit ihm zwar im Austausch über abstrakte Fragen, zum Beispiel, ob mehr sportliche Kompetenz im Aufsichtsr­at förderlich wäre. Die Gespräche, die der Wahlaussch­uss führt, bleiben aber vertraulic­h. Warum lassen Sie sich nicht vom Ausschuss bestellen und gehen das Risiko einer möglichen Abwahl ein? ERNST Der Aufsichtsr­atsvorsitz­ende eines Vereins sollte grundsätzl­ich von den Mitglieder­n gewählt sein, das ist mein Selbstvers­tändnis. Ich möchte das Mandat der Mitglieder haben, ich werbe um ihr Vertrauen. Das habe ich schon bei meiner ersten Kandidatur 2008 so gehalten, daran hat sich nichts geändert.

BERND JOLITZ FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

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FOTOS (2): CHRISTOF WOLFF Der Aufsichtsr­atschef (ganz links) sucht im Trainingsl­ager im österreich­ischen Maria Alm das Gespräch mit Fans und Mitglieder­n.

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