Frauen habilitieren sich häufiger als im Vorjahr
WIESBADEN/DÜSSELDORF (dpa/bur) Unter den habilitierten Wissenschaftlern in Deutschland sind immer mehr Frauen. Mehr als zwei Drittel sind aber nach wie vor Männer. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte, haben 1581 Wissenschaftler 2016 ihre Habilitation erfolgreich abgeschlossen. Das waren fast drei Prozent weniger als im Jahr zuvor.
In diesen Tagen haben alle Studienberater pausenlos zu tun, denn am 15. Juli läuft die Frist für die Studienplatzbewerbung für das kommende Wintersemester ab. Erstaunlicherweise sind es aber nicht die „frischen“Abiturienten, die sich nun ganz schnell zwischen Abiball und Sommerferien mit ihrer beruflichen Zukunft beschäftigen, sondern durchweg Absolventen vergangener Jahre. Nach dem Abitur waren sie auf Reisen, als Au-pair in den USA, haben Work-and-Travel in Neuseeland genossen, oder auch gar nichts gemacht, was nicht einmal selten vorkommt. Da war sicher die hehre Absicht, aus dem Jahr nach der Schule etwas Besonderes zu machen, aber dann ist die Zeit irgendwie auch so verflogen. Und nun droht der Bewerbungsschluss und es muss ganz schnell ein Termin her, damit über das weitere Leben entschieden werden kann. So frage ich immer als Erstes, ob der Be-
Der Anteil der weiblichen Habilitierten stieg zugleich um vier Prozent auf 481. Damit betrug der Frauenanteil gut 30 Prozent, das sind zwei Prozentpunkte mehr als ein Jahr vorher und gut acht Prozentpunkte mehr als zehn Jahre zuvor. Die Frauen waren mit durchschnittlich 42 Jahren beim Abschluss ihrer Habilitation ein Jahr älter als die Männer. ratungstermin noch vor dem 15. Juli sein muss. Nein, erwidert eine junge Dame fröhlich, sie habe sich nämlich vorsorglich für alle Studiengänge, die sie interessierten, beworben, von Psychologie über BWL bis hin zu Jura und Germanistik. Und bis die Antworten von den Unis bei ihr einträfen, könnten wir in Ruhe klären, was denn am besten zu ihr passen würde. Das ist zugegebenermaßen eine clevere, wenn auch ziemlich arbeitsintensive Lösung, um noch etwas Zeit zu schinden. Eigentlich wäre es für alle entspannter, die Frage nicht auf die letzte Minute anzugehen. Da es schon den Tag des Steins, den Tag der Stille und sogar den Tag des Schlafs gibt, plädiere ich an dieser Stelle für einen Tag der Studienwahl. Den aber bitte schon im Januar.
Auch in Düsseldorf lässt sich diese Relation trotz der meist nur einstelligen Zahl der Habilitationen schon erahnen. Sind die weiblichen Promovenden noch in der Überzahl (zwischen 2011 und 2015 waren es fast immer etwas mehr als die Hälfte), liegt die Zahl der Frauen, die habilitieren und somit die Lehrbefähigung für die Universität erlangen, bei nur noch rund einem Drittel.
„Es soll keine Wahl mehr sein, ob man lieber sein Kind erzieht oder sich habilitieren will“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität, Anja Vervoorts. Noch immer bestünden „strukturelle Nachteile“, die Frauen gegenüber ihren männlichen Mitbewerbern hätten. Man versuche daher kontinuierlich durch Mentorenprogramme, Bera- tungen und Netzwerke vor allem weiblichen Absolventen die bestehenden Karriereoptionen aufzuzeigen und auch den Zugang zu Führungspositionen zu erleichtern.
Die meisten Habilitationsverfahren wurden deutschlandweit erneut in der Fächergruppe Medizin und Gesundheitswissenschaften abgeschlossen (fast 51 Prozent), gefolgt von den Geisteswissenschaften (fast 14 Prozent). Mathematik und Naturwissenschaften (gut 13 Prozent) kamen auf Platz drei, Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (fast 13 Prozent) auf Platz vier. In dieser Fächergruppe war der Anteil der Frauen mit gut 42 Prozent (elf Prozentpunkte mehr als im Jahr zuvor) auch am höchsten. Bei den Medizinern war dagegen nur gut jede vierte Habilitierte eine Frau.
Tag der Studienwahl