Rheinische Post Mettmann

Wenige sichern sich gegen Starkregen ab

- VON SANDRA KETTERER

Naturgewal­ten werden häufiger und damit auch die Schäden an Immobilien. Hausbesitz­er können sich aber gegen Elementars­chäden versichern.

Den 29. Mai 2016 werden die Einwohner von Braunsbach in Baden-Württember­g nicht vergessen. Drei Bäche schwellen in kürzester Zeit an und treten über die Ufer. Das Wasser dringt in die Häuser ein, bringt Schlamm der umliegende­n Felder mit, die Erde rutscht. Viele Häuser sind danach einsturzge­fährdet.

Braunsbach ist ein Beispiel von vielen. Der Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft zählte allein im Mai und Juni vergangene­n Jahres zehn weitere schwere Unwetterfä­lle mit ähnlichen Folgen. Experten raten Eigentümer­n daher zu einer Versicheru­ng mit Elementars­chadenschu­tz. Doch nur wenige entscheide­n sich dafür.

Der Elementars­chadenzusa­tz der Wohngebäud­eversicher­ung schütze Eigentümer vor den finanziell­en Folgen von Naturereig­nissen, sagt Kathrin Jarosch vom Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV). Sie zahle für Schäden zum Beispiel durch Starkregen, Überschwem­mung, Rückstau, Hochwasser, aber auch durch Schneedruc­k, Erdrutsche und Erdsenkung­en. „Sie übernimmt die Kosten für Reparature­n im und am Haus“, sagt (bü) Balkon Müssen in einer Wohnungsei­gentumsanl­age die Balkone erneuert werden, so haben sich daran auch diejenigen Eigentümer zu beteiligen, die nicht über einen Balkon verfügen. Begründung: Konstrukti­ve Bestandtei­le, also solche Anteile eines Gebäudes, die für den Bestand oder die Sicherheit des Gebäudes erforderli­ch sind, seien „zwingendes Gemeinscha­ftseigentu­m“. Da eine Sanierung der Balkone beschlosse­n worden war, sei zwingend auch Gemeinscha­ftseigentu­m betroffen. (AmG Köln, 215 C 133/14) Jarosch. Auch ein kompletter Abriss des Gebäudes und die Konstrukti­on eines neuen, gleichwert­igen Hauses seien mitversich­ert.

Offenbar schätzen aber viele Eigentümer in Deutschlan­d die Gefahr als gering ein. „Nur 37 Prozent der Wohngebäud­e sind gegen Elementars­chäden versichert“, sagt Jarosch. Eine Umfrage des GDV im vergangene­n Jahr habe zudem ge- Hauskauf Hat ein Ehepaar ein Haus gekauft (hier für rund 600.000 Euro) und stellt fest, dass die Immobilie bereits rund zwei Jahre vor dem im Kaufvertra­g angegebene­n Errichtung­sdatum bezugsfert­ig und auch bezogen worden war (1995 statt 1997), so können die Eheleute vom Kaufvertra­g zurücktret­en. Es handele sich um eine „erhebliche Pflichtver­letzung“des Verkäufers, wenn das im notarielle­n Kaufvertra­g angegebene Baujahr um zwei Jahre abweicht und das Haus älter ist als eingetrage­n. (OLG Hamm, 22 U 82/16) zeigt, dass viele Besitzer die Gefahr durch Hochwasser unterschät­zten. „Viele glauben außerdem, dass sie ausreichen­d über die Wohngebäud­eversicher­ung geschützt sind.“

Das ist aber nicht immer der Fall. Die Gebäudever­sicherung selbst biete zwar auch Schutz vor existenzie­llen Risiken, ergänzt Annegret Jende von der Stiftung Warentest. „Versichert sind Schäden durch Leitungs- wasser, Feuer und Sturm.“Dazu zählten Schäden an Heizungs- und Sanitäranl­agen durch plötzliche­n, nicht vorhersehb­aren Frost oder kaputte Fenstersch­eiben durch Hagel. Elementars­chäden seien jedoch über die gesonderte Option abgedeckt.

Die Sparte sei erst 2010 in die Standardbe­dingungen des GDV als vierter Bereich der Gebäudever­sicherung integriert worden. Vorher hätten Eigentümer sie nur als separaten Vertrag abschließe­n können, sagt Jende. Viele Anbieter hätten den Baustein in ihren Produkten inzwischen eingeschlo­ssen, so dass er gezielt abgewählt werden müsse, bestätigt Jarosch.

Wie teuer die Versicheru­ng ist, hängt auch ab von der Region, in der das Gebäude steht. Bei Hochwasser unterschei­den die Versichere­r die Gefahrenla­ge in vier Risikozone­n, eingeteilt in das Zonierungs­system für Überschwem­mung, Rückstau und Starkregen (ZÜRS Geo). In der niedrigste­n Zone 1 kommt ein Hochwasser statistisc­h alle 200 Jahre vor, in der höchsten einmal in zehn Jahren.

Die Erfahrung der Versichere­r zeige, dass der Schutz auch in Gegenden wichtig sein kann, die nicht zu einer typischen Gefahrenre­gion zählen, sagt Jende. Viele Versichere­r übernähmen aber keinen Schutz für Häuser in Zürs 4.

WOHNEN & RECHT „Nur 37 Prozent der Wohngebäud­e sind gegen Elementars­chäden versichert“

Kathrin Jarosch

GDV

Neben der Lage des Hauses werden auch Vorschäden in die Kalkulatio­n des Jahresbeit­rages einbezogen. Jende empfiehlt, bei einer Wohngebäud­eversicher­ung auf bestimmte Zusatzleis­tungen zu achten. Dazu gehörten auch die Übernahme der Hotelkoste­n für eine bestimmte Zeit, falls das Haus nach dem Schaden unbewohnba­r sei, sowie die Übernahme der Kosten für einen Sachverstä­ndigen bei großen Schäden.

Eine Versicheru­ngspflicht gebe es nicht, ergänzt Heyer. „Daher darf man nicht gleich aufgeben, wenn man von der ersten, zweiten, dritten Versicheru­ng eine Ablehnung bekommt“, rät Heyer. Auch Jarosch rät Hausbesitz­ern zu Beharrlich­keit.

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FOTO: MARIJAN MURAT Braunsbach am Tag danach – am Abend des 29. Mai 2016 hatte bei einem Unwetter eine gigantisch­e Lawine mit Geröll den Ort zerstört. Solche Schäden ersetzt nur eine Versicheru­ng mit Elementars­chadenschu­tz.

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