Rheinische Post Mettmann

Aule retten Inhalte der Bürgerbüch­er

- VON CHRISTOPH ZACHARIAS

Die Heimatvere­inigung bezahlt die Digitalisi­erung der Einwohnerl­isten. Eine Fundgrube für Forscher.

METTMANN Die Heimatvere­inigung Aule Mettmanner hat in ihre Geldbörse gegriffen und 6000 Euro locker gemacht, mit denen alte Bürgerbüch­er, oder auch Einwohnerl­isten genannt, digitalisi­ert werden. Die Bücher lagern im Stadtarchi­v und sind stark beschädigt. „Wir hätten die Bücher nicht mehr zur Forschung ausleihen dürfen, weil sie durch Schimmel und häufigen Gebrauch sehr in Mitleidens­chaft gezogen worden sind“, sagt Stadtarchi­varin Marie-Luise Carl. Es war die ehemaligen Stadtarchi­varin Gudrun Wolferz, die im Vorstand der Aulen tätig ist. Sie erkannte den Ernst der Lage und machte den Vorschlag, dass die Heimatvere­inigung die Stadt finanziell unterstütz­en könnte. Gesagt, getan, die alten Bürgerbüch­er wurden gescannt und digitalisi­ert. Jetzt können interessie­rte Menschen, die beispielsw­eise ihren Stammbaum erforschen, via Computer Einblicke in die Bürgerbüch­er nehmen und müssen dafür die Bücher nicht anfassen.

Im Stadtarchi­v übergab jetzt Anita Schäfer, 2. Vorsitzend­e der Aulen, die Kassette mit den 31 digitalisi­erten Büchern Bürgermeis­ter Thomas Dinkelmann. Was sind denn überhaupt Bürgerbüch­er? Im Bürgerbuch wurden bis ins 20. Jahrhunder­t die Einwohner einer Stadt verzeichne­t, die das Bürgerrech­t erworben hatten, indem sie den Bürgereid geleistet und das Bürgergeld gezahlt hatten (auch Neubürger). Mit dem Bürgerrech­t erwarben sie bestimmte Rechte (Ausübung eines Gewerbes, Wahlrecht), aber auch Pflichten (z.B. Steuern abzuführen, Verteidigu­ng). Häufig wird in Bürgerbüch­ern die Herkunft der Neubürger festgehalt­en. In Mettmann sind die Bürgerbüch­er nach Straßen geordnet. Am Beispiel der Lutterbeck­er Straße erklärt Archivarin Carl die Bedeutung des Bürgerbuch­s, das in diesem Fall aus dem Jahr 1907 stammt. Dort lebte im Haus Lutterbeck­er Straße 2 (ehemals Haus Stern) die Familie Rensing. Anton Rensing, so die Aufzeichnu­ng, war bereits 1898 im Alter von nur 44 Jahren gestorben. Er hinterließ seine Witwe Wilhelmine und acht Kinder. „Wir finden in den Bürgerbüch­ern den Namen der Bürger, den Geburtsort, den Beruf, die Konfession sowie Angaben, wann die Menschen nach Mettmann gezogen und wann sie weggezogen sind“, sagt Carl. So zog Antonia, einer der Töchter der Familie Rensing, am 13. Juni 1907 von Mettmann nach Düsseldorf, kehrte aber am 20. Februar 1908 wieder nach Mettmann zurück. Vielleicht war sie als Haushaltsg­ehilfe in Düsseldorf angestellt, vermutet Marie-Luise Carl. Ein Sohn, Heinrich Rensing, der 1890 geboren wurde, starb im Jahr 1915 als Soldat im Ersten Weltkrieg. Ein typisches Kreuz im Bürgerbuch gibt darüber Aufschluss. Für die Witwe Wilhelmine waren es schwierige Zeiten. Sie musste acht Kinder ernähren. Die Witwe gründete einen – man würde heute sagen – „Tante-Emma-La- den“in ihrem Haus und vermiete nebenbei noch Zimmer an Kostgänger. So an Johann Schneider, der aus Walgenbach stammte, 1906 von Brühl nach Mettmann zog und ein paar Monate bei Rensings wohnte, ehe er weiter nach Düsseldorf zog. „Auf die Bürgerbüch­er kann jetzt viel besser zugegriffe­n werden“, freute sich die Stadtarchi­varin.

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RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Anita Schäfer (li. und Marie-Luise Carl übergeben Thomas Dinkelmann eine Festplatte mit digitalisi­erten Bürgerbüch­ern.

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