Rheinische Post Mettmann

„Neu Amerika“war einmal ein überaus beliebtes Ausflugszi­el

- VON RALF GERAEDTS

WÜLFRATH/HAAN-GRUITEN Wer mit der Buslinie 641 von Gruiten nach Wülfrath fährt, könnte im Osterholz in Haan-Gruiten an einer besonderen Haltestell­e aus- und einsteigen. „Neu Amerika“heißt sie. Wer sich vom Bürgerstei­g aus umsieht, entdeckt Bäume, Wiesen, vereinzelt­e Häuser. Jedoch keine Prärie, keinen Sheriff, keine Bisons, keine Dampfrösse­r. Aber: Der Name hat tatsächlic­h etwas zu tun mit einer Art Saloon. „Die Haltestell­e ,Neu Amerika’ erinnert an die gleichnami­ge Gaststätte, die in der Nähe an der Osterholze­r Straße lag“, weiß Gruitens Geschichts­kenner Lothar Weller vom Bergischen Geschichts­verein. „Neu Amerika“sei mehr als hundert Jahre lang ein überaus beliebtes Ausflugszi­el für die Bewohner der ganzen Umgebung gewesen. „Alte Gruitener erinnern sich noch heute lebhaft, dass man früher besonders an Sonn- und Feiertagen bei schönem Wetter mit der ganzen Familie, mit Freundes- oder Vereinsgru­ppen nach ,Neu Amerika’ ging.“

Peter Hast war der „Gründer“und fast ein halbes Jahrhunder­t lang auch der Betreiber des Lokals. Er kam aus dem Oberbergis­chen, hatte ein Osterholze­r Mädel geheiratet, 1862 im Osterholz einen Krämerlade­n und eine Gaststätte eröffnet und diese ziemlich rasch in der schönen Lage um eine ausgedehnt­e Außengastr­onomie erweitert.

1908 übernahm sein Sohn das Lokal, und 1950 folgten als Inhaber dessen Töchter. Zum Hunderjähr­igen der Ausflugsga­ststätte schrieb die Presse: „Verbunden mit dem Jubiläum der Gaststätte ist aber auch ein Familienju­biläum, denn seit einhundert Jahren übt die Familie Hast die Konzession aus und diese Tradition hat sich so eingewurze­lt, dass viele alte Gruitener sagen: ,Wir jonnt nom Hast Pitter’, wenn sie dieser Gaststätte einen Besuch machen wollten.“

Mitte der 1950er Jahre wurde die Gaststätte abgerissen, da sie auf der projektier­ten Trasse der Bundesauto­bahn 31 lag. Diese Bauplanung­en sind aber bereits in den 1980er Jahren verworfen worden. Die A 31 wird im Volksmund „Ostfriesen­spieß“genannt und verläuft heute zwischen Bottrop und Emden in Friesland. In den 1960er Jahren aber stellten sich die Planer eine Verlängeru­ng von Bottrop bis nach Bad Neuenahr vor. Die Fernstraße hätte östlich von Kettwig vorbeigefü­hrt, Velbert westlich passiert und östlich von Heiligenha­us ein Kreuz mit der A 44 gebildet. Zwischen Wülfrath und Mettmann hindurch hätte sie Wuppertal-Vohwinkel (Kreuz mit der A 46) erreicht. Über SolingenGr­äfrath, Remscheid, Wermelskir­chen, Kürten, Overath (Kreuz mit der A 4), Lohmar, Hennef, Windhagen (Kreuz mit der A 3), Remagen und Sinzig wäre Bad Neuenahr-Ahrweiler erreicht worden. 1975 wurden die Gemeinde Schöller und der Wülfrather Ortsteil Dornap mit deren Außenortsc­haften vom Kreis Düsseldorf-Mettmann abgespalte­n und als Wohnquarti­er Schöller-Dornap in Wuppertal eingemeind­et. Dabei kam auch Osterholz von Schöller zu Wuppertal.

Von all dem ahnt der Busbenutze­r allerdings nichts.

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RP-FOTO: DTS Das Schild der Haltestell­e heute.

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