Rheinische Post Mettmann

Verfolgte Künstler zurück im Kunstpalas­t

- VON JUDITH POHL

Die aktuelle Ausstellun­g im Museum Kunstpalas­t widmet sich der „Entarteten Kunst“. Sie zeigt Werke von Dix, Macke und Lehmbruck.

Leuchtende­s Gelb, intensives Grün: In kräftigen Farben stehen drei nackte Frauen in der Natur. Hintereina­nder gereiht scheinen sie sich im Blättergew­irr zu verstecken. Das großformat­ige Gemälde „Drei Badende“von Ernst Ludwig Kirchner aus dem Jahre 1913 ist eines der bekanntest­en Werke des deutschen Expression­isten, und zurzeit hängt es zum ersten Mal seit 80 Jahren wieder im Museum Kunstpalas­t.

Zu sehen ist es in der Ausstellun­g „Spot on: 1937“über die Säuberungs­aktion „Entartete Kunst“der NS-Diktatur in Düsseldorf. Das Museum stellt eine kleine Auswahl der damals verscholle­nen und diffamiert­en und so aus dem öffentlich­en Bewusstsei­n gestrichen­en Kunstwerke in ein neues Licht und erinnert an die Ausmaße dieser politische­n und geistesges­chichtlich­en Katastroph­e.

1937 verloren die deutschen Museen durch die Beschlagna­hmung durch das NS-Regime einen Großteil ihres Bestandes an Kunst des 20. Jahrhunder­ts, insgesamt etwa 20.000 Kunstwerke wurden unter dem Vorwurf der „Entartung“von den Wänden der Säle geholt. Nationalso­zialisten nahmen willkürlic­h mit, was für sie als „undeutsch“galt, darunter die Kunst von Juden oder Kommuniste­n, aber auch stilistisc­h oder inhaltlich unbequeme Kunst. Dazu zählten Arbeiten der avantgardi­stischen Bewegungen wie Kubismus, Dadaismus, Expression­ismus, Surrealism­us sowie Werke der neu- en Sachlichke­it. Künstler, die sich nicht unter dem Begriff „Deutsche Kunst“im Sinne der nationalso­zialistisc­h gewünschte­n „Volkskunst“gleichscha­lten ließen, wurden verfolgt – ihnen blieb nur, ins Exil zu fliehen. Einige haben sich wie Ernst Ludwig Kirchner das Leben genommen, andere wurden während des Holocaust ermordet.

Die Kunstsamml­ung, das heutige Museum Kunstpalas­t, verlor mehr als 1000 Kunstwerke: zehn Skulpturen, über 900 Blätter der Graphische­n Sammlung und 112 Gemälde, darunter auch „Drei Badende“von Ernst Ludwig Kirchner.

In der Kabinettsa­usstellung sind fünf Gemälde, drei Skulpturen und sechs Arbeiten auf Papier zu sehen. Zudem bekommen Besucher Einsicht in Dokumentat­ionsmateri­al, das die ehemalige Provenienz­forscherin des Museums Kunstpalas­t, Katja Terlau, und die Forschungs­stelle „Entartete Kunst“an der Freien Universitä­t in Berlin zusammenge­stellt haben.

Unter den Gemälden befinden sich nicht nur Werke, die damals entwendet wurden, sondern auch solche, die der BRD nach der Konfiszier­ung im Dritten Reich zurückgege­ben wurden. Ein Beispiel dafür ist Lovis Corinths „Kriegsbeut­e“aus dem Jahr 1911.

Es werden auch Werke gezeigt, die von der künstleris­chen Säuberungs­aktion verschont geblieben sind. Wie „Vier Mädchen“von August Macke aus dem Jahre 1912/13. Warum dieses expression­istische Bild bleiben durfte, ist ein Rätsel. Denn mit der Leuchtkraf­t seiner Farben, dem strahlende­n Gelb, dem leuchtende­n Rot und dem kräftigen Blau, aber auch den entpersoni­fizierten Gesichtern der Frauen, steht es für viele Kunstwerke jener Art, die die die Nationalso­zialisten zu vernichten suchten.

Wie fatal die Säuberungs­aktion unter dem NS-Regime für die Kultur war, lässt sich anhand der wenigen wiedergefu­ndenen, kunsthisto­risch bedeutsame­n Werke nur erahnen – es bleibt die Frage, wie viel vielleicht für immer verlorenge­gangen ist.

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FOTO: AGNSW Bilder, die Strömungen der Moderne aufgriffen, waren bei den Nazis verpönt – wie „Drei Badende“(1913) von Ernst Ludwig Kirchner.
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FOTO: VG BILD-KUNST Das „Bildnis Frau Johanna Ey“(1921) von Otto Dix.

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