„Schreiben nach Hören“taugt nicht für NRW
Gute Bildung beginnt – das ist nur scheinbar banal – mit gutem Unterricht. Guter Unterricht, gerade zu Beginn, gerade beim Lesen und Schreiben, ist eine Gratwanderung: hier kreativ machen lassen, dort Leitplanken setzen. Viele Erstklässler bringen eine überbordende Neugier auf Sprache mit. Diese Neugier nicht durch stumpfes Bimsen abzuwürgen, ist richtig.
Aber ohne Regeln geht es nicht. Deshalb kann eine Methode wie „Schreiben nach Hören“, vor 40 Jahren für Muttersprachler in der beschaulichen Schweiz entwickelt, im unübersichtlichen Nordrhein-Westfalen zum Problem, ja zur Gefahr werden. Die Chancen der ohnehin benachteiligten Migrantenkinder etwa steigen durch „Schreiben nach Hören“sicher nicht.
Derzeit entscheiden Schulen und Lehrer, ob sie diese heikle Methode anwenden. Die Ministerin tut daher gut daran, deutliche Worte der Warnung zu finden; auch ein förmliches Verbot würde die Grundschulen nicht in die pädagogische Steinzeit zurückwerfen. Hilfreich wäre dafür allerdings zu wissen, wie viele Kinder überhaupt wie lange nach der Methode lernen. 2013 hat die FDP eine entsprechende Erhebung gefordert. Jetzt führt sie das Schulministerium – eine gute Zeit, sich an alte Wünsche zu erinnern. BERICHT NRW GEGEN „SCHREIBEN NACH HÖREN“, TITELSEITE
Auf der Suche nach einem Nachfolger hat der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer schon viel Zwietracht gesät. Seine Partei ist mittlerweile in ein Söder- und ein enttäuschtes Aigner-Lager gespalten. Derweil weiß sein tüchtiger Innenminister Herrmann nicht, ob er sich mit der Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl gerade ins Karriere-Aus schießt.
Nun bringt Seehofer als Joker den über seine abgekupferte Doktorarbeit gestolperten früheren Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg ins Spiel. Offiziell soll er der CSU im Wahlkampf nur helfen. In Wahrheit testen Seehofer und zu Guttenberg aus, ob die Deutschen den Freiherrn als Bundesminister wieder akzeptieren würden.
Wenn zu Guttenberg dazugelernt hat, lässt er sich auf dieses durchschaubare Spiel nicht ein. Reputation in der Öffentlichkeit gewinnt man nicht dadurch zurück, dass man besonders trickreich auf einen einflussreichen Posten gelangt. Wenn zu Guttenberg tatsächlich in die Politik zurückkehren wollte, müsste er sich zumindest ein Mandat beim Volk holen. BERICHT
BSeehofers Joker
SMS-Tan vor dem Aus
anken dürfen von ihren Kunden für das Zusenden einer Transaktionsnummer (Tan) per SMS Geld verlangen. Anders als die Vorinstanzen machte Karlsruhe bei seinem Urteil aber eine Einschränkung: Dies gilt nur für Nummern, die tatsächlich auch benötigt werden. Wenn der Kunde bei der Eingabe einen Fehler macht oder kurz abgelenkt ist und deshalb die Zeitvorgabe überschreitet, muss er nicht für eine angeforderte Tan zahlen. In der Praxis heißt dies allerdings nicht, dass der Kunde tatsächlich entlastet wird. Denn die Banken müssen nun Systeme einrichten, mit denen sie nachweisen können, welche Tan verwendet wurde und welche ins Leere lief. Das Geld dafür werden sie sich von ihren Kunden wiederholen – über höhere Gebühren.
Und so dürfte das heutige Urteil unterm Strich den Anfang vom Ende der SMS-Tan markieren: In einer Zeit, in der die kostenpflichtige SMS dank der Messengerdienste nahezu aus unserem Alltag verschwunden ist, muss man kein Prophet sein, um der kostenpflichtigen SMS-Tan angesichts günstigerer Alternativen ein ähnliches Schicksal vorauszusagen. BERICHT