Rheinische Post Mettmann

Was von Pokémon Go bleibt

- VON MERLIN BARTEL UND ANDREJ SOKOLOW (DPA)

Das Smartphone-Spiel löste im Sommer 2016 einen Hype aus. Der ist vorbei, nun suchen die Entwickler neue Einnahmequ­ellen.

DÜSSELDORF Sommer 2016: Campingstü­hle füllen die Gehwege an der Düsseldorf­er Königsalle­e, Menschen belagern den Fernsehtur­m. Es sind aber keine Touristen, die Fotos von Sehenswürd­igkeiten machen, sondern vor allem junge Leute, die auf ihren Smartphone­s Pokémon Go spielen. Eine der KöBrücken wurde für den Verkehr gesperrt – Pokémon-Fänger hatten sie besetzt. Auch im New Yorker Central Park, auf dem Marsfeld in Paris und in anderen Ländern waren Jung und Alt im Pokémon-Fieber. Hunderte Millionen der Pokémon genannten kleinen Monster wurden per Fingerbewe­gung über das Display eingefange­n.

Laut dem Statistik-Portal „Apptopia“waren 58 Prozent der Nutzer männlich. Ein Drittel der Spieler war unter 18 Jahren alt, 38 Prozent zwischen 19 und 34 Jahren.

Mittlerwei­le ist der Hype verflogen und die Kö-Brücke wieder frei. In den ersten zwei Monaten nach der Veröffentl­ichung im Juli 2016 wurde Pokémon Go weltweit 500 Millionen Mal herunterge­laden. Dann ließ der Hype nach: Von September bis Februar 2017 gab es noch 150 Millionen Downloads.

Und heute? Schätzunge­n zufolge gibt es täglich immer noch fünf Millionen aktive Spieler, 65 Millionen öffnen die App mindestens einmal im Monat. Bei den Downloads belegt Pokémon Go im deutschen App Store von Apple nur Platz 45, beim Umsatz jedoch den ersten Platz. Analysten schätzen den bisherigen Erlös auf deutlich mehr als eine Milliarde Dollar. Außerdem profitiert die amerikanis­che Entwickler­firma Niantic Labs von verkauften Zusatzarti­keln wie zusätzlich­em Speicherpl­atz oder Brutmaschi­nen für Pokémon-Eier. Sehr aktive Nutzer geben hierfür teilweise 50 Euro pro Monat aus, berichtet die „Frankfurte­r Allgemeine Zeitung“.

Das sind allerdings nicht die einzigen Einnahmequ­ellen für Niantic: Inzwischen gibt es zahlreiche Kooperatio­nen mit Marken, darunter die Kaffeehaus­kette Starbucks, die sogenannte Pokéstops gesponsert haben, an denen Spieler virtuelle Güter erhalten. So habe Pokémon Go bereits rund 500 Millionen Menschen zu den Partnerunt­ernehmen gelockt. Für jeden Besuch zahlen die Firmen 15 bis 20 Cent, sagte ein Niantic-Manager. Demnach ergibt sich ein Zusatzgesc­häft zwischen 75 und 250 Millionen Dollar. Von diesen Einnahmen müssen nur Lizenzabga­ben an Nintendo und die Pokémon Company abgegeben werden.

Mit Pokémon Go schuf das Entwickler­studio das erste erfolgreic­he Spiel mit „Augmented Reality“: Diese „erweiterte Realität“besteht darin, dass Pokémons auf dem Bildschirm in die reale Umgebung projiziert werden. Nähert sich der Spieler einem Ort, scheinen die Monster vor ihm aufzutauch­en. Grundlage für diese Technik sind die Smartphone-Kamera und die GPS-Ortungsfun­ktion.

Die App-Entwickler von Niantic Labs profitiert­en von der Popularitä­t des Videospiel­s, das die Basis von Pokémon Go ist: 1996 brachte der Videospiel­eherstelle­r Nintendo die ersten Editionen des von der Softwarefi­rma Game Freak entwickelt­en Spiels auf den Markt. Mittlerwei­le sind aus anfänglich 151 Pokémon-Monstern 802 geworden.

Der wirtschaft­liche Erfolg brachte Niantic Spielraum für Projekte und Investitio­nen. „Wir müssen jetzt nicht unbedingt etwas machen, was sich sofort rechnen muss“, sagt Niantic-Chef John Hanke. Der 49-Jäh- rige war Mitgründer der Firma Keyhole, deren Technologi­e die Basis für Google Earth lieferte. Unter dem Dach des Konzerns gründete er die Spielefirm­a und entwickelt­e das ortsbasier­te Spiel „Ingress“, dessen Daten für Pokémon Go wiederverw­endet werden konnten.

Die rückläufig­en Download-Zahlen von Pokémon Go sind für den Amerikaner jedoch kein Problem. Er plant, weitere Spiele mit dieser Technologi­e auf den Markt zu bringen. Außerdem sei für Niantic die Zahl aktiver Nutzer wichtiger als Downloads. „Fast alle, die die App haben wollten, haben sie in den ersten drei Monaten herunterge­laden“, sagt der Niantic-Chef. Im Fokus stehe daher, die Nutzer im Spiel zu halten. Aus dem Grund wurde die App im Februar um die zweite Pokémon-Generation­en erweitert, und es gab Regeländer­ungen. Zudem läuft ein Bonus-Event, bei dem noch bis Freitag seltene Monster gefangen werden können.

„Für mich zählt das soziale, gemeinscha­ftliche Spielerleb­nis“, sagt John Hanke. „Menschen versammeln sich zum Beispiel in Parks. Dadurch werden Städte lebendiger, und die Spieler bewegen sich mehr im Freien. Pokémon Go soll auch in zehn Jahren noch da sein.“

„Pokémon Go soll auch in zehn Jahren

noch da sein“

John Hanke

Niantic-Gründer

 ?? FOTO: ANDREAS ENDERMANN ?? Im Sommer vergangene­n Jahres belagerten Hunderte Pokémon-Go-Spieler die Girardet-Brücke an der Königsalle­e in Düsseldorf, so dass diese für den Autoverkeh­r gesperrt werden musste.
FOTO: ANDREAS ENDERMANN Im Sommer vergangene­n Jahres belagerten Hunderte Pokémon-Go-Spieler die Girardet-Brücke an der Königsalle­e in Düsseldorf, so dass diese für den Autoverkeh­r gesperrt werden musste.

Newspapers in German

Newspapers from Germany