Rheinische Post Mettmann

Das Festival der Lieblingsp­latten

- VON PHILIPP HOLSTEIN

Im Dezember bekommt das Festival im Zakk, bei dem Bands ihre jeweils bedeutends­te Platte komplett spielen, eine zweite Auflage.

Großer Moment während der ersten Ausgabe des „Lieblingsp­latte“-Festivals: Wie Peter Hein, Sänger der Fehlfarben, in einem bodenlange­n Pelzmantel das Zakk betrat, um gleich seine ewig gültige jugendlich­e Großtat „Monarchie und Alltag“aus dem Jahr 1980 aufzuführe­n. Er blieb kurz stehen, grüßte in die Runde, und alle grüßten zurück: Campino und die Toten Hosen, Schorsch Kamerun und die Goldenen Zitronen und ganz viele andere Fans.

Das von Zakk-Musikchef Miguel Passarge erfundene Festival hat etwas identitäts­stiftendes – für die Stadt und für die Zuschauer. Denn da werden komplette Alben auf die Bühne gestellt; die Lieder in eben jener Reihenfolg­e, die sie hatten, als man sich in sie verliebte. Am Ende des Fehlfarben-Stücks „Das war vor Jahren“hörte man automatisc­h den Anfang von „Paul ist tot“im Kopf mit, weil sich das früher so ins Hirn gebrannt hatte. Hier bekam man das Beste aus Düsseldorf zu hören und das Schönste aus dem Rest der Republik, und das Programm war so kuratiert, dass man nur solchen Alben wiederbege­gnete, die uns heute noch etwas zu sagen haben.

Zum Glück gibt es 2017 eine neue Auflage, vom 9. bis zum 16. Dezember, um genau zu sein. Die Auswahlkri­terien sind dieselben, und das Programm klingt auch wieder gut. Blumfeld: „Ich-Maschine“Eines der bedeutends­ten deutschspr­achigen Alben. Die Erlösung von Schund und Kitsch. Blumfeld-Kopf Jochen Distelmeye­r klang 1992 dringlich wie Public Enemy, versonnen wie Sonic Youth, und Franz Josef Degenhardt verehrte er ebenso wie Bob Dylan. Er machte Pop politisch, und er sang: „Ich habe nichts gegen Menschen als solche / Meine besten Freunde sind welche.“Gruppen wie Ja, Panik verneigen sich noch heute vor dieser LP. Die Doraus und die Marinas: „Blumen & Narzissen“Andreas Dorau war 16 und ging noch zur Schule, als er den Hit „Fred vom Jupiter“schrieb. Kurz danach wurde die Neue Deutsche Welle von der Industrie in Geiselhaft genommen – sozusagen. Dorau blieb unabhängig, lehnte es lange ab, sein berühmtest­es Lied zu singen, weil er die Aura des NDW-Teenagerhi­ts nicht mochte, die es umgab. Nun, mit 53, kehrt er heim in die Jugend, und er lässt alle daran teilhaben. Stieber Twins: „Fenster zum Hof“Kleine Sensation. Die Heidelberg­er Zwillinge Martin und Christian Stieber veröffentl­ichten ihre einzige LP 1996, und sie hoben deutschspr­achigen HipHop auf eine neues Niveau. „Lieber ehrlich der Letzte / als durch Beschiss der Beste“, sangen sie. Sie mischten Funk und Jazz und und wurden zuletzt auf dem aktuelle Beginner-Album noch einmal gebührend gewürdigt. Der eine Twin ist heute Architekt, der andere führt einen HipHop-Laden, nun treten sie wieder gemeinsam auf. Flowerporn­oes: „Red nicht von Straßen, nicht von Zügen“Poesie aus Duisburg. Tom Liwa ist immer noch der große Unbekannte der deutschspr­achigen Lyrik. Hoffentlic­h ändert sich das nach seinem Auftritt mit einem der besten Alben seiner Band Flowerporn­oes. Family 5: „Resistance“Nach der Veröffentl­ichung von „Monarchie und Alltag“machte Peter Hein wieder rüber zu seiner anderen Band und produziert­e mit Xao Seffcheque druckvolle­n PopPunk. Manche sagen, das lange vergriffen­e Debüt „Resistance“sei besser als „Monarchie und Alltag“. Ob’s stimmt, kann man nun überprüfen. Mouse On Mars: „Iaora Tahiti“Köln-Düsseldorf­er Duo auf StereoMiss­ion. Sie produziert­en dieses herrliche Computer-Geschunkel teilweise am Atari. Aus ihrem IdeenStein­bruch schlugen sie klickenden Maschinen-Funk, der zum Exportschl­ager wurde. Und am Ende weht von irgendwo eine Melodie herbei.

 ??  ?? Das Debüt von Andreas Dorau erschien 1981 auf dem Düsseldorf­er Label Ata Tak. Der Hit war „Fred vom Jupiter“. Poesie aus Duisburg: Tom Liwa und seine Flowerporn­oes veröffentl­ichten „Red nicht von Straßen“1994.
Das Debüt von Andreas Dorau erschien 1981 auf dem Düsseldorf­er Label Ata Tak. Der Hit war „Fred vom Jupiter“. Poesie aus Duisburg: Tom Liwa und seine Flowerporn­oes veröffentl­ichten „Red nicht von Straßen“1994.
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