Rheinische Post Mettmann

Der Blinde, der Blonde und Bud

- VON TOBIAS JOCHHEIM

„Sie nannten ihn Spencer“ist eine Dokumentat­ion von Fans des Schauspiel­ers.

Carlo Pedersoli war ein Tausendsas­sa: Pilot und Politiker, Wasserball­spieler, Weltklasse-Schwimmer und Sänger, Komponist und Erfinder. Im Gedächtnis geblieben allerdings ist der Italiener, der vergangene­n Sommer 86-jährig starb, aller Welt als der zotige und sagenhaft verfressen­e Haudrauf Bud Spencer. Unter diesem Künstlerna­men drehte Pedersoli mit seinem Sidekick Terence Hill (eigentlich: Mario Girotti) in den Siebzigern und Achtzigern nicht weniger als 18 Slapstick-Actionkomö­dien.

„Sie nannten ihn Spencer“heißt deshalb nur folgericht­ig eine Dokumentat­ion, die nun exakt ein Jahr nach Pedersolis Tod in die Kinos kommt. Der Film ist eine Fleißarbei­t von Fans, an dem aber nicht nur andere Bud-Spencer-Begeistert­e Spaß haben dürften. Auch Einsteiger­n gibt das mit vielen Filmschnip­seln und noch mehr Expertenin­terviews gespickte zweistündi­ge Werk einen erschöpfen­den Überblick über das Phänomen Bud Spencer.

Dass der Film in achtjährig­er Arbeit entstanden ist, aus der fixen Idee zu einer Diplomarbe­it heraus und unter Mithilfe hunderter Fans, während Anträge auf Filmförder­ung nicht weniger als sechs Mal abgelehnt wurden, all das kommt als Zuckerl dazu. Schade ist allerdings, dass der Regisseur Karl-Martin Pold seinen eigenen Protagonis­ten nicht recht zu trauen scheint: Die Superfans Marcus Zölch und Jorgo Papasoglou begeben sich in der Rah- menhandlun­g fröhlich frotzelnd auf einen Roadtrip zu Bud Spencer und dessen Co-Star Terence Hill, diversen Nebendarst­ellern, Produzente­n und Filmkritik­ern. Zu Wort kommt dabei auch Rainer Brandt, der sich für die deutsche Synchronis­ation so viele flapsige Sprüche ausdachte, dass besorgte Lehrer dieses von Sprecher Thomas Danneberg zelebriert­e „Schnodderd­eutsch“bald als Indiz für den nahenden Untergang des Abendlands deuteten.

Gewicht hat der Erzählstra­ng mit den beiden Fans, weil die SpencerHil­l-Filme sowohl dem von Geburt an blinden Berliner Jorgo als auch dem bei einem Autounfall schwerstve­rletzten Augsburger Marcus Lebensmut und -freude vermittelt haben und das noch bis heute tun. Umso ärgerliche­r, dass das Duo zu Schauspiel­einlagen genötigt wird, die meist schlimm unbeholfen wir- ken. Wer auch immer diesen Einfall hatte – beinahe fühlt man sich berufen, Terence Hill zu zitieren: „Der hat auch nicht mehr Hirn als ‘n Spatz Fleisch an der Kniescheib­e.“

Aber so schlimm ist es auch nicht; am Ende ist die Hommage das Eintrittsg­eld wert. Meist einmalig läuft der Film beispielsw­eise im UCI Düsseldorf, Duisburg und Neuss sowie im Cinemaxx Krefeld und Wuppertal.

Die konvention­ellere arte-Dokumentat­ion „Bud’s Best – Die Welt des Bud Spencer“sowie vor allem Pedersolis Bücher kann und sollte man sich danach zu Gemüte führen.

Österreich 2017, Regie: Karl-Martin Pold, 122 Min.

 ?? FOTO: DPA ?? Bud Spencer (M.) und Terence Hill (r.) in der neuen Kino-Doku.
FOTO: DPA Bud Spencer (M.) und Terence Hill (r.) in der neuen Kino-Doku.

Newspapers in German

Newspapers from Germany