Lehren aus der Bluttat von Hamburg
Hoffentlich ist es nicht der Amri“, soll ein Berliner Fahnder gesagt haben, als er vom Weihnachtsmarkt-Attentat erfuhr. Es war aber genau der Mann, den die Sicherheitsbehörden über viele Monate ins Visier genommen, dessen akute Gefährlichkeit jedoch falsch eingeschätzt hatten. Ähnliches nun wieder in Hamburg: Auch der dortige Attentäter war ein Flüchtling, der als Islamist bekannt, wegen seiner Radikalisierung den Behörden gemeldet, aber ebenfalls nicht als akutes Risiko eingestuft worden war. Deshalb müssen die Kriterien, die zu der Fehleinschätzung geführt haben, überprüft und korrigiert werden.
Zu Recht ist die Sicherheits- und Asyldebatte neu entbrannt, unabhängig davon, ob hier letztlich ein terroristischer oder psychologischer Hintergrund besteht. Denn der Fall zeigt, wie lange es immer noch dauert von der Ausreisepflicht zur Ausreise. Von der „nationalen Kraftanstrengung“, die die Kanzlerin zu Jahresbeginn ausrief, ist immer noch zu wenig sichtbar. Dabei ist das mangelnde Tempo verhängnisvoll. Hier perspektivlose, radikalisierbare Flüchtlinge, dort eine Terrormiliz, die nach schlagzeilenträchtigen Antworten auf die Zerschlagung ihres Kalifates sucht – eine tückische Gemengelage. BERICHT RUF NACH PASSPFLICHT FÜR FLÜCHTLINGE, TITELSEITE
Prämie zulasten Dritter
Die Politik steckt im Dilemma. Auf der einen Seite will sie die Autoindustrie mit ihren 800.000 Jobs schützen, auf der anderen Seite verlangen Bürger, deren Diesel sich als Dreckschleudern entpuppen und hohe Wertverluste erleiden, Antworten. Der Ausweg, den Bayern und Niedersachsen wählen, heißt durchschaubarer Doppelschlag: Verbal gehen die Länderchefs scharf mit der Industrie ins Gericht, faktisch wollen sie ihr frisches Geld nachwerfen, indem sie eine Prämie für Umrüstung oder Kauf von modernen Dieseln fordern. Ein bekanntes Muster: Gibt es Konflikte zwischen Industrie- und Umweltpolitik, findet man einen Kompromiss zulasten Dritter – in diesem Fall der Steuerzahler. Auf ähnliche Weise muss der Stromkunde bereits für die Rettung alter Braunkohle-Blöcke zahlen.
Eine Diesel-Prämie ist rückwärtsgewandt – und einfallslos wie Fahrverbote, die einer Enteignung der Diesel-Fahrer gleichkommen. Sinnvoller wäre es, die Hersteller zu wirksamer Nachrüstung zu verpflichten und ein langfristiges Ausstiegsdatum zu setzen. Selbst in der VW-Bilanz ist dafür genug Luft. BERICHT 57 PROZENT FÜR DIESEL-FAHRVERBOTE, TITELSEITE
Glück im Unglück
Die Bundestrainerin war optimistisch, dass ihr Team nach holpriger EM-Gruppenphase im Viertelfinale überzeugen würde. Man hätte es Steffi Jones gegönnt. Nach Abpfiff aber blieben nur Tränen der Enttäuschung. Die Däninnen feierten ihren verdienten 2:1-Erfolg über den Top-Favoriten des Turniers. Die Deutschen weinten über ein Ausscheiden, das für eigene Ansprüche viel zu früh kam. Nach sechs EM-Titeln in Folge formulierte Jones selbst stets das einzig akzeptable Ziel: Titelgewinn. Stattdessen folgte auf Kreativlosigkeit und katastrophale Chancenauswertung das Debakel.
Es waren Fehler auf dem Platz, die die fehlende Erfahrung der Trainernovizin offenbarten. Jones hat dem Frauenfußball – nach der Ära der unterkühlten Vorgängerin Silvia Neid – ein sympathisches Gesicht verliehen. Doch sportlich ist sie gescheitert. Im Männer-Fußball wäre klar: Der Trainer muss gehen. Frauenfußball aber ist anders. Es gibt kaum öffentlichen Druck, kaum Aufmerksamkeit abseits großer Turniere. Das ist Jones’ Glück. Der Rückhalt von DFB und Mannschaft genügt. Und den genießt sie – noch. BERICHT