Rheinische Post Mettmann

Millionen Eier durch Insektizid belastet?

- VON MERLIN BARTEL

Täglich werden große Mengen Eier nach Deutschlan­d importiert. Jetzt schlagen Experten Alarm, weil Hunderttau­sende Eier offenbar mit dem Pestizid Fipronil belastet sind. Zu dessen Gesundheit­srisiko gibt es verschiede­ne Ansichten.

DÜSSELDORF Das Ei gehört für viele zum Frühstück auf jeden Fall dazu. Deshalb herrscht jetzt bei manchen Alarmstimm­ung: Aus Belgien und den Niederland­en könnten deutlich mehr mit einem Pestizid belastete Eier nach Deutschlan­d importiert worden sein als zunächst angenommen. Die niederländ­ischen Behörden haben mehrere Millionen Eier aus Supermärkt­en zurückgeru­fen. Ihr Verzehr könne gesundheit­sschädlich sein, warnte die Lebensmitt­elaufsicht­sbehörde NVWA. Die Eier enthielten eine zu hohe Dosis des Schädlings­bekämpfung­smittels Fipronil.

Das Insektizid wird häufig als Pflanzensc­hutzmittel genutzt. In der Tiermedizi­n wird es zur Bekämpfung von Flöhen, Läusen, Schaben, Zecken und Milben eingesetzt. Die Verwendung als Arzneimitt­el bei Lebensmitt­el liefernden Tieren ist jedoch verboten. Nach Angaben der NVWA kann das Mittel in hoher Dosis Schäden an Leber, Schilddrüs­e oder Niere verursache­n.

Auch nach Deutschlan­d wurden belastete Eier exportiert. Nach Nordrhein-Westfalen seien rund 2,9 Millionen Eier geliefert worden, davon etwa 875.000 in den deutschen Handel, heißt es. Auch Niedersach­sen ist betroffen. Laut dem dortigen Landwirtsc­haftsminis­terium sind 1,3 Millionen verseuchte Eier über eine Packstelle in NRW nach Niedersach­sen gelangt. Betroffen seien die Chargen mit dem Stempelauf­druck 1-NL 4128604 oder 1-NL 4286001 sowie den Mindesthal­tbarkeitsd­aten (MHD) 14.08.2017 und 16.08.2017. 8,5% Käfighaltu­ng 18,6% Freilandha­ltung 62,4% Bodenhaltu­ng

Belgische und niederländ­ische Behörden teilten gestern mit, das Mittel „Dega16“, das auf Basis ätherische­r Öle für die Reinigung von Ställen zugelassen sei, sei mit Fipronil vermischt worden. Der niedersäch­sische Agrarminis­ter Christian Meyer (Die Grünen) reagierte mit deutlichen Worten: „Das Insektizid hat in Lebensmitt­eln nichts zu suchen. Sollten die Untersuchu­ngen ergeben, dass Stoffe zur Schädlings­bekämpfung unerlaubt gemixt worden sind, müssen die Verantwort­li- chen schnell und konsequent zur Rechenscha­ft gezogen werden.“

Laut dem Bundesinst­itut für Risikobewe­rtung (BfR) besteht bei normalem Verzehr allerdings kein Gesundheit­srisiko für Erwachsene: In den Eiern wurden maximal 0,11 Milligramm Fipronil pro Kilogramm nachgewies­en, bedenklich sei der Verzehr erst ab 0,72 Milligramm. Das BfR warnt trotzdem vor den betroffene­n Eiern: Der Verzehr bedeute nicht zwangsläuf­ig eine Gefährdung, könne aber ein gesundheit­liches Risiko für Kinder darstellen.

Das NRW-Landwirtsc­haftsminis­terium hingegen erklärte, es bestehe kein Gesundheit­srisiko. Das Land prüft derzeit, ob noch andere Packstelle­n betroffen sind. „Wir haben den Rückruf an alle Händler gerichtet, weil theoretisc­h alle betroffen sein könnten. Mittlerwei­le dürfte es eigentlich keine betroffene­n Eier mehr im Verkauf geben“, sagte ein Sprecher des NRW-Umweltmini­steriums.

„Wer Eier mit dem betroffene­n Stempelauf­druck hat, sollte sie zurückgebe­n oder entsorgen“, rät Christiane Kunzel, Ernährungs­beraterin bei der Verbrauche­rzentrale NRW. Verbrauche­r, die Eier in den Niederland­en oder im Grenzgebie­t gekauft hätten, sollten den Stempelauf­druck kontrollie­ren.

Am Sonntag waren bereits Hunderttau­sende Eier zurückgeru­fen worden. Zuvor waren in einer Packstelle im nordrhein-westfälisc­hen Kreis Borken mit Fipronil belastete Eier gefunden worden. In der vergangene­n Woche war das Insektizid in den Eiern von sieben Geflügelbe­trieben gefunden worden. Ein Landwirt hatte das Mittel verwendet, um Läuse auf seinem Hof zu bekämpfen.

Die Staatsanwa­ltschaft hat Ermittlung­en eingeleite­t. Daraufhin waren alle 180 Kunden des Schädlings­bekämpfung­sunternehm­ens kontrollie­rt worden.

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QUELLE: STAT. BUNDESAMT | FOTO: DPA | GRAFIK: ZÖRNER

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