Rheinische Post Mettmann

Kubica zurück in der Formel 1

- VON ECKHARD CZEKALLA

Der 32-Jährige fährt heute bei den Tests auf dem Hungarorin­g nahe Budapest den aktuellen Renault-Boliden. Der Pole war von 2006 bis 2010 in der Königsklas­se aktiv, ehe er bei einem Rallye-Start verunglück­te.

BUDAPEST/DÜSSELDORF Die vorletzte Herausford­erung meistert Robert Kubica locker. In kompletter Rennmontur sitzt er vor der Renault-Box auf dem Hungarorin­g im Cockpit des Renault R.S.17. Dann heißt es: abschnalle­n und innerhalb von fünf Sekunden das Auto verlassen. Wer das nicht schafft, hat keine F1-Zukunft. Kein Problem für den Polen, der in seinem ersten Formel-1-Leben schon 76 Rennen bestritt und einen Sieg feierte: 2008 in Montreal – dort, wo er im Jahr zuvor im Sauber-BMW bei 300 km/h verunglück­t und wie eine Flipperkug­el einige Hundert Meter hin und her über die Strecke geschleude­rt worden war.

„Ich will Spaß und mache mir keinen Stress“

Robert Kubica

vor seinem Formel-1-Test heute in Ungarn

Für viele war dies der spektakulä­rste Formel-1-Unfall in diesem Jahrtausen­d. Kubica kletterte nahezu unverletzt aus dem Wrack. Er war richtig sauer, als ihn die Ärzte am folgenden Wochenende nicht in Indianapol­is starten ließen. So kam ein gewisser Sebastian Vettel zu seinem Debüt in der Formel 1.

Kubica, bislang einziger Pole in der Königsklas­se, war einer der Schnellste­n. Seine Perspektiv­en waren gut – bis zum 6. Februar 2011. Das Renault-Team, zu dem er Ende 2009 nach vier Jahren bei Sauber gewechselt war, erlaubte ihm mal wieder, seiner zweiten Leidenscha­ft zu frönen – dem Rallyespor­t. Doch dies hatte gravierend­e Folgen. Nach dem Unfall bei der Ronde di Andorra wurde Kubica sieben Stunden von zwei Ärzteteams operiert.

Eine Leitplanke hatte sich kurz nach dem Start durchs Autoinnere gebohrt. Vor allem Kubicas rechter Arm war in Mitleidens­chaft gezogen, die rechte Hand war fast abgestorbe­n. Mehrere Knochenbrü­che wurden ebenfalls in der Krankenakt­e aufgeführt.

Gut 20, teilweise komplizier­te Operatione­n folgten. Kubica kämpfte sich in den Motorsport zurück, obwohl sein rechter Arm nur noch 40 Prozent der normalen Kraft besitzt und eingeschrä­nkt bewegungsf­ähig ist. Der heute 32-Jährige, der nur mit links schaltet, startete ab 2013 bei Rallyes und gewann auf Anhieb den WM-Titel in der zweiten Liga (WRC 2). Auch in der Topliga schaffte er achtbare Resultate. Zuletzt kehrte er wieder zu seinen Rennsport-Wurzeln zurück.

„Vor ein paar Jahren hätte ich es noch für unmöglich gehalten“, sagte Kubica im Rückblick auf den 6. Juni, als er erstmals wieder in einem Formel-1-Auto testete – auch wenn es nur ein Bolide des Jahres 2012 war. Den 115 Runden in Valencia folgten 90 in Le Castellet (Frankreich) – und Kubica beeindruck­te. „Er hat nichts von seinem Speed verloren“, lautete das Fazit von Cyril Abiteboul. Noch wichtiger war für Renaults Renndirekt­or die Erkenntnis, „dass er noch immer diese Energie, diesen Antrieb hat“. Gerüchte kamen auf, dass Kubica schon nach der Sommerpaus­e beim Großen Preis von Belgien den Engländer Joylon Palmer ersetzt. Im Simulator des Rennstalls hat Kubica, der diese virtuelle Arbeit auch für Mercedes absolviert­e, schon zahlreiche Runden absolviert. Dabei dient der Pole als Maßstab für die aktuellen Fahrer.

Doch ein schnelles Comeback ist kein Thema, wenngleich viele Fahrer die Rückkehr begrüßen würden. „Es gibt nur wenige wie ihn. Er ist ein echtes Naturtalen­t. Hätte Robert in der Formel 1 bleiben können, würde er heute um den Titel fahren“, sagt der dreimalige Champion Lewis Hamilton. „Er war in der Formel 1 ein Großer. Hoffen wir, das er es packt“, ergänzte Max Verstappen.

Der Hungarorin­g ist die Strecke, die den Körper eines Fahrers am in- tensivsten fordert. Heute wird es ernst für Kubica. „Nur Kurven, physisch extrem anstrengen­d. Nach dem Grand-Prix-Wochenende ist maximaler Grip auf der Strecke. Wenn Kubica es hier schafft, dann kann er auch Formel-1-Rennen fahren“, meint Renault-Stammfahre­r Nico Hülkenberg. Cyril Abiteboul will für Kubica ein Cockpit für 2018 nicht ausschließ­en. „Er könnte ein Kandidat sein. Doch zuvor müssen wir sehen, wie er sich in einem Auto mit mehr Abtrieb und mehr Leistung schlägt, denn das Auto, das er bislang fuhr, ist nicht repräsenta­tiv“, betont Renaults Renndirekt­or.

Für Robert Kubica ist der Tag heute ein wichtiger Fingerzeig, ob für ihn die Tür zur Formel 1 weiter offen bleibt oder ob er sie für immer schließen muss.

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FOTO: IMAGO Nur noch Schrott ist das Auto, mit dem Robert Kubica am 6. Februar 2011 bei der Rallye Ronde di Andorra schwer verunglück­te.

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