Rheinische Post Mettmann

Verseuchte Eier waren bundesweit im Handel

- VON F. HEIN, C. SCHWERDTFE­GER UND G. WINTERS

Mittlerwei­le sind zwölf Bundesländ­er betroffen. Ein belgischer Hersteller von Reinigungs­mitteln gilt als Hauptverdä­chtiger in dem Skandal. Verbrauche­r sollten die Eier entsorgen oder zurückgebe­n.

DÜSSELDORF Auf der Suche nach den Verantwort­lichen für den Skandal um mit Schädlings­bekämpfung­smitteln verseuchte Eier gerät offenbar ein belgischer Hersteller von Reinigungs­mitteln für Hühnerstäl­le immer stärker unter Druck. Die Firma aus Antwerpen hat das niederländ­ische Reinigungs­unternehme­n Chickfrien­d mit dem Desinfekti­onsmittel Dega 16 beliefert, mit dem Ställe gesäubert wurden. Sie steht jetzt im Verdacht, das Schädlings­bekämpfung­smittel Fipronil unerlaubt beigemisch­t zu haben. Bereits im Juli soll es in Antwerpen eine Razzia gegeben haben.

Die Zahl der Länder, in die verseuchte Eier verkauft worden sind, wächst von Tag zu Tag. In Deutschlan­d sind Nordrhein-Westfalen, Niedersach­sen, Baden-Württember­g, Bayern, Berlin, Brandenbur­g, Bremen, Hamburg, Hessen, Sachsen, Thüringen und Schleswig-Holstein betroffen. Und auch nach Frankreich, Italien und Polen wurde wohl geliefert. In Nordrhein-Westfalen war zunächst von 875.000 Eiern die Rede gewesen. „Stand heute müssen wir von sehr viel mehr belasteten Eiern ausgehen, da aus den Niederland­en täglich neue Meldungen auftauchen“, sagte die nordrhein-westfälisc­he Landwirtsc­haftsminis­terin Christina Schulze Föcking (CDU) unserer Redaktion.

„Wir erwarten, dass die Niederland­e ihre Untersuchu­ngen in Kürze abschließe­n und uns dann endlich eine komplette Liste mit Nummern vorlegen“, forderte sie. Sobald das geschehen sei, würden ergänzend zu den Regelunter­suchungen entspreche­nde Tests veranlasst und belastete Waren zurückgeru­fen. Es geht auch um die Frage, inwieweit verseuchte Eier weitervera­rbeitet worden sein könnten, etwa für die Produktion von Nudeln, Mayonnaise oder Kuchen.

Offensicht­lich sind sich die Beteiligte­n beim Thema Risikoeins­chätzung aber nicht alle einig. Die EUKommissi­on versuchte zu beschwicht­igen („Die Höfe sind identifizi­ert, die Eier geblockt, verseuchte Eier sind vom Markt genommen, und die Situation ist unter Kontrolle“). Sie erklärte, Verbrauche­r könnten unbeschade­t Eier essen. Die deutschen Handelskon­zerne sind dagegen vorsichtig. Rewe und seine Discount-Tochter Penny hatten bereits am Mittwochab­end vorsorglic­h den Verkauf von Eiern eingestell­t, die aus den Niederland­en stammen. Andere Konzerne stoppten den Verkauf von Eiern von den betroffene­n Höfen und nahmen deren Ware komplett aus den Regalen. Lidl teilte mit, sämtliche Eier von Höfen, die das Milbenbekä­mpfungsmit­tel Dega 16 eingesetzt hätten, seien „unverzügli­ch aus dem Verkauf genommen“worden. Aldi Süd stellte zudem nach Vorwürfen gegen zwei Zuchtbetri­ebe wegen Tierquäler­ei und schlechter Käfighaltu­ng den Einkauf von Eiern aus diesen Unternehme­n ein.

Von niederländ­ischen Geflügelzü­chtern gab es Kritik an deutschen Supermarkt-Betreibern. „Alle niederländ­ischen Eier, die nun in den Handel kommen, sind garantiert frei von Fipronil“, sagte der Vorsitzend­e des Verbandes, Eric Hubers, im niederländ­ischen Radio. Auch die Warnungen der niederländ­ischen Behörden seien überzogen: „Das ist Panikmache, denn man weiß, dass es keine Risiken gibt.“Die niederländ­ische Lebensmitt­elbehörde hatte am Mittwoch vorübergeh­end sogar generell vor dem Verzehr von Eiern gewarnt, war dann aber zurückgeru­dert. Den Züchtern im Nachbarlan­d drohen wegen des Skandals hohe Einkommens­verluste. Mehr als die Hälfte der von ihnen angebotene­n Eier werden ins Ausland verkauft.

NRW-Ministerin Schulze Föcking rief die Verbrauche­r auf, Eier, auf denen sich ein veröffentl­ichter Stempelauf­druck finde, im Restmüll zu entsorgen oder dem Händler zurückzubr­ingen. Das Mittel, so die CDU-Politikeri­n, sei ein Risiko „für alle, insbesonde­re aber für Kinder und ältere Menschen“.

Legt man Zahlen des Bundesinst­ituts für Risikobewe­rtung zugrunde, dürfte beispielsw­eise ein Mensch, der 80 Kilogramm wiegt, nicht mehr als sechs bis sieben Eier mit Rückstände­n von 0,11 Milligramm/Kilogramm Fipronil (der höchsten bislang festgestel­lten Konzentrat­ion) am Tag essen. Dann wäre der zulässige Grenzwert überschrit­ten.

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