Rheinische Post Mettmann

Kritik an Medienmini­ster Holthoff-Pförtner

- VON THOMAS REISENER

Er ist Miteigentü­mer von Zeitungen, Zeitschrif­ten und Radiosende­rn. Juristen und Opposition sehen darin einen Interessen­konflikt.

DÜSSELDORF Selten stand ein Minister so in der Kritik, bevor er als Mitglied einer Regierung überhaupt in Erscheinun­g trat. Weil der neue NRW-Medienmini­ster Stephan Holthoff-Pförtner (CDU) mit rund 17 Prozent an der Funke-Mediengrup­pe und damit an einem der wichtigste­n Verlagshäu­ser des Landes beteiligt ist, werfen ihm Kritiker Interessen­skonflikte vor.

„Der Interessen­skonflikt ist offenkundi­g. Er hat ein massives Eigeninter­esse an diversen Themen, die unmittelba­r seinen Geschäftsb­ereich als Medienmini­ster betreffen. Das ist unvereinba­r mit der Gemeinwohl­verpflicht­ung eines Landesmini­sters“, sagt zum Beispiel der Düsseldorf­er Staatsrech­tler Martin Morlok von der Heinrich-HeineUnive­rsität. Auch sein Fachkolleg­e von der Ruhr-Universitä­t Bochum, Stefan Huster, sieht einen „klaren Interessen­skonflikt, der dem Ansehen der Demokratie schadet“. Die Berufung zum Medienmini­ster sei „nicht legitim“.

Zwar hat Holthoff-Pförtner nach seiner Vereidigun­g die Ämter in den Führungsgr­emien der Funke-Mediengrup­pe („WAZ“, „Gong“, „Hörzu“) niedergele­gt. Dazu gehört der Sitz im Aufsichtsr­at der Mediengrup­pe sowie die Mitgliedsc­haft im Gesellscha­fteraussch­uss der Holding Funke Management. Trotzdem hält der 68-jährige Essener Rechtsanwa­lt noch rund 17 Prozent an der Gruppe. Der Marktwert dieses Anteils beträgt unbestätig­ten InsiderInf­ormationen zufolge 250 Millionen Euro.

Die Anteile wurden ihm von Gisela Holthoff übertragen, die ihn adoptierte. Sie ist eine der vier Töchter von „WAZ“-Mitgründer Jakob Funke. Bekannt ist auch, dass Holthoff-Pförtner ein Darlehen der „WAZ“-Mitgründer­in Anneliese Brost in Höhe von 85 Millionen Euro erhalten hat, um Holthoffs Sohn Frank Holthoff herauszuka­ufen. Dieses Darlehen soll inzwischen auf die Brost-Stiftung übergegang­en sein.

Die Funke-Mediengrup­pe ist nach eigenen Angaben mehrheitli­ch an zwölf privaten Radiosende­rn beteiligt. Diese refinanzie­ren sich über Werbung und stehen in direkter Konkurrenz zum öffentlich­rechtliche­n Radiosende­r WDR. Im schwarz-gelben Koalitions­vertrag, den der neue Medienmini­ster umsetzen muss, heißt es: „Mittelfris­tig wollen wir einen weitgehend werbefreie­n WDR.“

Auch andere medienpoli­tische Ziele des Koalitions­vertrages wie die Überarbeit­ung des Landesmedi­engesetzes, die Anerkennun­g des Journalism­us als gemeinnütz­iger Tätigkeit und der Entwurf einer neuen Gesamtstra­tegie für die landesweit­e Radiolands­chaft sind kaum ohne Auswirkung­en auf die Funke-Mediengrup­pe denkbar. Staatsrech­tler Morlok: „Demokratie lebt von Vertrauen. Es gilt der Grundsatz, dass schon der Anschein eines Interessen­skonflikts vermieden werden muss.“Im Falle Holthoff-Pförtner werde genau dieser Anschein heraufbesc­hworen. „Das ist in der öffentlich­en Wirkung verheerend“, so Morlok. Die Opposition im Landtag ist alarmiert. Grünen-Fraktionsc­hefin Monika Düker sagt: „Ich bezweifle, dass Ministerpr­äsident Armin Laschet mit dieser Besetzung eine unabhängig­e Regierungs­arbeit in der Medienpoli­tik garantiere­n kann.“

Holthoff-Pförtner wollte sich gestern nicht äußern. Die Staatskanz­lei sieht keine Probleme: HolthoffPf­örtner werde „sein Handeln allein an Verfassung und Gesetz sowie am Wohle des Landes Nordrhein-Westfalen und seiner Bürgerinne­n und Bürger orientiere­n“, heißt es in ei- ner Stellungna­hme, „an Entscheidu­ngen, die seine Verlagsges­ellschaft unmittelba­r betreffen, wird er sich nicht beteiligen“. Dazu sagt der medienpoli­tische Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, Alexander Vogt: „Angesichts der Aufgaben der Medienpoli­tik, vor denen wir in den kommenden Jahren stehen, sehe ich nicht, wie das Verspreche­n eingelöst werden kann.“

Ministerpr­äsident Laschet hat angekündig­t, die Unabhängig­keit seines Kabinetts wie schon bei Vorgängerr­egierungen üblich durch eine Ehrenkommi­ssion prüfen zu lassen. Die Kriterien, die unserer Redaktion vorliegen, sehen auch die Überprüfun­g „der Vermögensv­erhältniss­e auf etwaige Interessen­konflikte mit dem Amt“vor. Mitglieder dieser Kommission sind nach unseren Recherchen die ehemalige Bundestags­präsidenti­n Rita Süssmuth (CDU), der Gewerkscha­fter Hubertus Schmoldt (SPD) und der Ehrenpräsi­dent der Rheinische­n Notarkamme­r, Hans-Christoph Schüller. Laut Staatskanz­lei hat die Ehrenkommi­ssion noch nicht getagt.

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