Rheinische Post Mettmann

Politik will auch ausländisc­he Diesel ins Visier nehmen

- VON ANTJE HÖNING UND BIRGIT MARSCHALL

Die Einigung vom Diesel-Gipfel gilt bislang nur für deutsche Hersteller. Die wichtigste­n Fragen der Kunden.

BERLIN Nach dem Diesel-Gipfel geht die Debatte weiter. Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) kündigte an, man werde auch ausländisc­he Hersteller ins Visier nehmen. Die Gipfel-Vereinbaru­ngen betreffen nur deutsche Hersteller. „Peugeot und Renault, zum Teil auch Fiat haben auch viele Diesel in Deutschlan­d verkauft. Sie halten sich aber vornehm zurück“, sagt Ferdinand Dudenhöffe­r von der Uni Duisburg- Essen. „Sie stehen aber auf dem Standpunkt, dass ihre Wagen voll den gesetzlich­en Standards entspreche­n oder verweisen auf laufende Ermittlung­en in ihren Heimatländ­ern. Und so lange tun sie nichts.“Freiwillig­e Aktionen wie von deutschen Autobauer halten sie deshalb auch für entbehrlic­h. Wann kommt die Nachrüstun­g? VW, Audi, Porsche, Daimler und BMW haben zugesagt, bis Ende 2018 bei 5,3 Millionen Diesel der Abgasnorm Euro 5 und 6 Software-Updates auf eigene Kosten vorzunehme­n. Das Bundesverk­ehrsminist­erium rechnet damit, dass die Hersteller jetzt die Updates für die jeweiligen Typen entwickeln und dem Kraftfahrt­bundesamt vorlegen. Nur wenn dessen Prüfung ergibt, dass durch ein Update der Stickoxid-Ausstoß des Au- tos um mindestens 25 Prozent sinkt und sich andere Parameter nicht verändern, wird es genehmigt. Erst dann kann der Hersteller die Halter anschreibe­n und sie zum Update in der Werkstatt auffordern. Das wird erst in einigen Monaten passieren. Das Update dauert etwa eine Stunde und könnte etwa im Rahmen einer turnusmäßi­gen Scheckbuch-Inspektion durchgefüh­rt werden. Und wenn man kein Update will? Nur die Halter der 2,5 Millionen VWDiesel, bei denen eine illegale Abgasreini­gung nachgewies­en wurde, sind zum Update gezwungen. Wer das ablehnt, bekommt keine TÜVPlakett­e mehr. Den Haltern der üb- rigen 2,8 Millionen Diesel kann die TÜV-Plakette nicht entzogen werden, weil die Abgasreini­gung bei ihnen nicht rechtswidr­ig manipulier­t worden ist, wenngleich die EUGrenzwer­te überschrit­ten werden. Was passiert beim Update? Beim Update wird eine neue Software aufgespiel­t, die die Steuerung des Motors verändert. Dadurch sollen Stickoxide im Abgas besser gereinigt werden, etwa schon bei tieferen Außentempe­ratur. Aufgrund so genannter „Thermofens­ter“wird die Abgasreini­gung bei niedrigen und mittleren Temperatur­en zum Teil zurückgefa­hren, um den Motor nicht zusätzlich zu belasten. Wer zahlt für Folgeschäd­en? „Die Folgen des Updates sind unklar“, sagt Dudenhöffe­r. Es könne sein, dass der Kraftstoff-Verbrauch zunimmt, Spitzenges­chwindigke­it oder Beschleuni­gung sinkt. Es könne auch sein, dass sich Ruß-Ablagerung­en im Motor bilden, die ihm langfristi­g schaden können. Die Hersteller haben zwar verbindlic­h garantiert, dass die Updates die Motoren nicht verändern. Kommt es dennoch zu Schäden, gilt die Gewährleis­tungspflic­ht: Der Hersteller muss haften und die Kosten einer möglichen Reparatur übernehmen. Warum baut man nicht einfach größere Adblue-Tanks ein? In den Tanks ist der Harnstoff, der in den Motor gespritzt wird, um Stickoxide zu neutralisi­eren. Für 15.000 Kilometer braucht man 30 Liter Adblue. Bei Lkw sind Tanks solcher Größe eingebaut, bei Pkw fassen sie meist nur zehn Liter. „Natürlich wäre es möglich, auch bei Pkw größere Tanks nachzurüst­en, doch dazu braucht man Platz oder ,Bauraum’, der oft nicht vorhanden ist“, so Dudenhöffe­r. Die Hardware- Nachrüstun­g mache bei älteren Diesel selten Sinn, sagen die Hersteller. Sie würde 1500 bis 2000 Euro pro Auto kosten. Wenn in jedem Diesel die Hardware nachgerüst­et würde, kostete das die Konzerne 13,5 Milliarden Euro, hatte die Umwelthilf­e vorgerechn­et.

Newspapers in German

Newspapers from Germany