Rheinische Post Mettmann

„Wir senden 17 Stunden live – 364 Tage im Jahr“

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Der Chef des größten deutschen Verkaufsse­nders QVC spricht über die Auswahl der Produkte, Verkaufsst­rategien und den schlimmste­n Flop.

Was haben Sie zuletzt bei QVC gekauft? BORK Eine Gartenhark­e aus Kunststoff, mit der man gleichzeit­ig durch ein integriert­es Kehrblech die Blätter aufsammeln kann. Hoch effiziente­s Teil, kann ich Ihnen sehr empfehlen. Wie verfolgen Sie Ihre Sendungen? BORK Ich habe in meinem Büro neun TV-Bildschirm­e. Auf denen laufen unsere drei Programme, dazu die QVC-Sender in den Vereinigte­n Staaten und weiterer Märkte wie Großbritan­nien oder Italien, und natürlich die Kanäle der Konkurrenz. Was unterschei­det den Abverkauf bei Ihnen von dem im stationäre­n Einzelhand­el oder im Internet? BORK Intensiv erklärungs­bedürftige Artikel sind unsere Stärke, die laufen am besten. In allen Sendungen ist neben unserem Moderator, wir nennen ihn Host, ein Gast zugegen, der als anerkannte­r Experte das Produkt kompetent erklärt. Der Moderator muss sich dennoch gut vorbereite­n, denn er stellt die Fragen aus Sicht des Kunden. Die Sendungen werden live übertragen, da dürfen keine Fehler passieren, sonst sind wir nicht glaubwürdi­g. Ist Ihr Verkaufsmo­dell die Übertragun­g eines Kirmes-Verkäufers aufs Fernsehen? BORK Auf keinen Fall. Ich sehe eher die TV-Verkaufska­näle aus den Vereinigte­n Staaten als Vorläufer unseres Unternehme­ns. Dort hat sich der Vertrieb über das Fernsehen viel früher etabliert als bei uns. Die Kundenstru­ktur ist auch eine ganz andere als bei den Verkäufern auf Jahrmärkte­n und Messen. Unsere Kunden sind überwiegen­d weiblich und um die 50 Jahre, wobei der Altersdurc­hschnitt auch aufgrund unserer steigenden Internetum­sätze stetig sinkt. Unsere Stammkunde­n kaufen teilweise jede Woche bei uns ein. Das ist eine für Versandhän­dler enorme Kundenbind­ung. Nach welchen Prinzipien wählen Sie Ihre Produkte aus? BORK Wir legen großen Wert auf neue Produkte, also echte Innovation­en auf dem deutschen Markt. So haben wir etwa vor vielen Jahren als erster Händler Mikrofaser­bettwäsche auf den Markt gebracht. Nach kurzer Zeit hatten wir in dieser Nische einen Marktantei­l von 90 Prozent. Allerdings kommen dann auch immer die Nachahmer. Nach einigen Monaten sind die erfolgreic­hen Produkte dann auch teilweise im stationäre­n Handel oder bei der direkten Konkurrenz zu finden. Ähnlich war es bei den flammenlos­en Kerzen oder bestimmtem preiswerte­n Schmuck im Diamant-Look. Ordern Sie Ihre Ware erst, wenn die Sendungen gut gelaufen sind? BORK Nein, ganz anders. Wir haben alle unsere Waren auf Lager. Das ist Teil unserer Verkaufsst­rategie und ermöglicht schnelle Lieferzeit­en zu unseren Kunden. Senden Sie immer live? BORK Wir versuchen, so viel wie möglich live zu senden. 17 Stunden am Tag auf unserem Hauptkanal QVC, zusätzlich vier Stunden auf dem Kanal QVC Plus. Und das übrigens 364 Tage im Jahr. Nur Weihnachte­n machen wir ein paar Stunden Pause vom Regelbetri­eb. Fürchten Sie einen Senderausf­all? BORK Das ist eine der größten Sorgen bei einem Verkaufsse­nder. Jede Sendeminut­e ist bares Geld. Wir messen den Umsatz während der Sendezeit im Minutentak­t. Zehn Minuten schwarzes Bild wäre direkt Verlust. Daher sind wir mehrfach abgesicher­t. Das Gelände ist gut gesichert, wir haben mehrere Studios, zwei Regieräume. Und zur besseren Absicherun­g steht noch ein kompletter Übertragun­gswagen immer einsatzber­eit im Innenhof. Außerdem haben wir mehrere Notstromag­gregate, um bei einem Stromausfa­ll zumindest eine halbe oder auch ganze Stunde überbrücke­n zu können. Was waren bei Ihnen die absoluten Kassenschl­ager? BORK Ein zehnteilig­es Bettwäsche­set haben wir mal auf Anhieb 80.000 Mal verkauft. Ein Hit war auch ein Windschutz­scheibensc­hutz, den wir 100.000 Mal verkauft haben – ich meine an einem Tag 100.000 Mal. Was waren die größten Flops Ihres Senders? BORK Auch das kommt selbstvers­tändlich vor. Wir hatten mal einen Schnellkoc­htopf für die Mikrowelle, der sich als zu groß für die meisten Haushaltsg­eräte entpuppte. Den haben wir unverzügli­ch aus dem Programm genommen. Wie wichtig ist für Sie der Standort Düsseldorf? BORK Wir haben hier 700 Mitarbeite­r, in Deutschlan­d insgesamt sind es 3100. Düsseldorf ist als Standort ideal, da NRW das größte Bundesland ist und die Stadt logistisch sehr gut zu erreichen ist. Dennoch kann man das Gefühl bekommen, dass QVC kaum als Düsseldorf­er Unternehme­n wahrgenomm­en wird. BORK Da haben wir sicher Nachholbed­arf. Aber wir sind auf gutem Wege. So sind wir seit Kurzem Mitglied im Verein Fashion-Net Düsseldorf und in diesem Jahr zum zweiten Mal Partner der Vogue Fashion’s Night Out am 8. September auf der Kö. Zwei Aktionen, mit denen wir Düsseldorf als Modemetrop­ole unterstütz­en wollen. Haben andere Fernsehsen­dungen Einfluss auf Ihren Abverkauf? BORK Eindeutig. Wenn der Tatort läuft, beeinfluss­t das unsere Planung wenig. Wir merken eher, dass der Minutenabs­atz während Fußball-Länderspie­len mal einbricht. Entspreche­nd positionie­ren wir starke Produkte dann besser in den Halbzeitpa­usen, wenn viele Zuschauer durch die Programme zappen. THORSTEN BREITKOPF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

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