Migranten in der Defensive
Beinahe jeder fünfte Nordrhein-Westfale hat ausländische Wurzeln. Viele von ihnen leben schon länger hier, haben aber trotzdem kaum Möglichkeiten politischer Mitsprache. Ein Gremium, das auf kommunaler Ebene dazu beiträgt, dass auch die Interessen von Migranten gehört werden, ist der Integrationsrat. Nicht überall funktioniert die Zusammenarbeit reibungslos, manch eine Gemeinde hat durchaus schlechte Erfahrungen damit gemacht. Aber es war beispielsweise der Duisburger Integrationsrat, der die Abschiebung des nepalesischen Mädchens Bivsi als Erster zum Thema machte.
Indem die neue Landesregierung es nun aber den Städten und Gemeinden überlassen will, ob sie einen Integrationsrat einrichten wollen, schwächt sie die Position der Migranten. Bei Kontroversen im Stadtrat schwingt unausgesprochen künftig immer die Drohung mit, dass die Kommune den Integrationsrat ja auch einfach abschaffen kann, wenn er ihr zu unbequem wird. Dies macht eine konstruktive Zusammenarbeit auf Augenhöhe in Zukunft sicher nicht leichter. Wer aber das Gefühl hat, nicht mehr gehört zu werden, ist für radikale Botschaften möglicherweise eher empfänglich. BERICHT WENIGER MITSPRACHE FÜR MIGRANTEN, TITELSEITE
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n Niedersachsen geht es drunter und drüber. Nun wurde bekannt, dass auch die schwarz-gelbe Landesregierung dem VW-Konzern Texte zur Abstimmung vorlegte. Die Forderung, an dieser Stelle schon vor einer Woche erhoben, wird dringlicher: Die Verquickung zwischen Land und Konzern muss beendet werden. Das VW-Gesetz, historisch gut begründet, gehört abgeschafft. Das Unternehmen ist durch das Aktiengesetz und die Satzung ausreichend vor feindlichen Übernahmen geschützt. Man kann sich als Land auch für das Wohl eines Unternehmens einsetzen, ohne Miteigentümer zu sein. Baden-Württemberg schafft das mit Daimler oder Bosch, Bayern mit BMW. Und NRW hält auch keine Anteile an Bayer oder Henkel.
Ansonsten zeigte die Debatte im Hannoveraner Landtag gestern, dass der Wahlkampf schmutzig wird. Die Ex-Grüne Elke Twesten wurde persönlich beschimpft. Doch wenn Rot-Grün im Oktober abgewählt werden sollte, liegt es eher an der nicht aufgearbeiteten Vergabe-Affäre in der Staatskanzlei und der verfehlten Schulpolitik. Der Fall Twesten ist nicht wahlentscheidend. Hier hat sich keine Partei mit Ruhm bekleckert. BERICHT FRAKTIONEN IN NIEDERSACHSEN . . ., TITELSEITE
Standards beim Müll
Wenn von Gebühren die Rede ist, bekommen etliche Bürger einen dicken Hals. Zu hoch, nicht vollziehbar, reine Abzocke. So lauten die Vorwürfe gegen die Umlagen, die die Kommunen für Abwasser, Abfall, Straßenreinigung und ähnliche Dienstleistungen fordern. Gerade beim Müll stinkt es vielen, weil dessen Beseitigung regelmäßig teurer geworden ist. Da überrascht die aktuelle Meldung, dass die Müllgebühren leicht gesunken sind. Die gute Nachricht wird sogleich relativiert. Billiger geworden ist es nicht überall. Zudem sind die Unterschiede von Ort zu Ort weiterhin erheblich. Weil auch die Leistungen kaum vergleichbar sind, fehlt es an Kostentransparenz. Schließlich macht es einen Unterschied, ob der Müll wöchentlich oder alle vierzehn Tage abgeholt wird.
Was bleibt, ist das ungute Gefühl, keine Wahl zu haben und zahlen zu müssen, was die Wohngemeinde verlangt. Wenn aber Wettbewerb nicht möglich ist, muss zumindest die Frage erlaubt sein, ob es nicht im Land der DIN-Normen auch für kommunale Dienstleistungen Standards und damit auch standardisierte Preise geben sollte. Darüber muss Politik nachdenken. BERICHT