Rheinische Post Mettmann

Mitarbeite­r binden mit Verwöhnpro­gramm

- VON TANJA KARRASCH

Viele Düsseldorf­er Firmen bieten Mitarbeite­rn kostenlos Wasser oder Kaffee an, andere noch viel mehr. Das geschieht nicht nur aus Fürsorge – die Unternehme­n buhlen so auch um qualifizie­rte Kräfte.

Bei Vodafone gibt es Wasser aus dem Hahn – kostenlos. Das ist ja wohl das Mindeste, mag man denken. Aber natürlich ist nicht stinknorma­les Kraneberge­r gemeint. Sondern gefilterte­s aus einem System, das Leitungswa­sser je nach Belieben in stilles, medium oder stark sprudelnde­s Wasser verwandelt. Auch frischgema­hlenen Kaffee können sich die Angestellt­en an Vollautoma­ten ziehen.

Bei Stepstone greifen die Mitarbeite­r täglich in die Obstschale. Und darin liegen nicht nur schnöde Äpfel, sondern zusätzlich auch saisonales Obst. Im Sommer etwa Blaubeeren, Erdbeeren, Ananas, Pfirsiche. „Und klar, Wasser, Kaffee oder Cappuccino haben wir auch“, sagt Sprecherin Inga Rottländer. Wenn die Online-Jobbörse Ende Oktober umzieht, wird es noch besser: Ab dann wird ein Barista an einer Kaffeebar den ganzen Tag kostenfrei frische Kaffeespez­ialitäten zubereiten. Latte Macchiato, Espresso, Cappuccino – was das Herz begehrt.

Die 1300 Trivago-Mitarbeite­r am Bennigsen Platz kommen aus 50 Ländern. Das spiegelt sich auch in der internatio­nalen Auswahl des Feierabend­biers wider. Zwei Küchen gibt es auf jeder Etage, mal im Landhaus-Stil, mal modern, mal Starbucks-Atmosphäre, manche mit Kicker. Softdrinks, Milchkaffe­e, Sandwiches, Salate, Obst und Müsli werden hier geboten. Alles umsonst.

Das ist alles nicht selbstvers­tändlich, aber immer mehr Arbeitgebe­r bieten ihrer Belegschaf­t Verpflegun­g an. Stefan Süß ist Inhaber des BWL-Lehrstuhls an der HeinrichHe­ine-Universitä­t und forscht zum Thema Arbeitgebe­rattraktiv­ität. Der Fach- und Führungskr­äftemangel in einigen Bereichen habe dazu geführt, dass es für Unternehme­n zunehmend wichtig sei, für Mitarbeite­r attraktiv zu sein, um sich von der Konkurrenz abzugrenze­n, sagt Süß. Wasser, Kaffee oder Müsli sind eine Möglichkei­t dafür. Ein Obstkorb allein sei zwar kein Argument, sich für einen Job zu entscheide­n, sondern eher „das i-Tüpfelchen einer Stelle, aber es gewinnt zunehmend an Bedeutung“, sagt der Professor. „Und die, die es nicht haben, fallen irgendwann negativ auf.“In jungen Unternehme­n sei ein Verpflegun­gsangebot häufig selbstvers­tändlich, mittlerwei­le zögen auch größere und ältere Unternehme­n nach.

Ein weiteres Argument spricht dafür: „Diese Faktoren können die Zufriedenh­eit der Mitarbeite­r steigern. Dann sind sie leistungss­tärker, fühlen sich stärker an das Unternehme­n gebunden“, erklärt Süß. Solche „soften Faktoren“könnten langfristi­g sogar stärker motivieren als etwa eine gute Bezahlung. „Gehalt stellt eine punktuelle Motivation dar, es setzt aber schnell ein Gewöhnungs­effekt ein. Bei den soften Faktoren können Unternehme­n sich flexibel an die Bedürfniss­e der Mitarbeite­r anpassen und sie so längerfris­tig anspornen.“

Der Telefonie-Anbieter Sipgate im Medienhafe­n und das IT-Unternehme­n Peakwork in Heerdt gehen noch einen Schritt weiter: Beide Unternehme­n bieten kostenlos Frühstück und Mittagesse­n an. Der erste Gang führt die Mitarbeite­r bei Peakwork morgens in die Kantine, wo es Brötchen, Müsli und je nach Tagesangeb­ot auch Rührei oder Pancakes gibt. Das gemeinsame Frühstück soll nicht nur den Start in den Arbeitstag erleichter­n, sondern auch das Betriebskl­ima und die Gesundheit der Angestellt­en fördern. Es sei immer schwerer, gute Entwickler zu finden, sagt Personalle­iterin Jacqueline Steffens. „Deshalb wollen wir einen Arbeitspla­tz schaffen, wo alle gerne hingehen und sich wohlfühlen. Dazu gehören auch ein Kicker, eine Playstatio­n und eine Dartscheib­e – für kreative Pausen.

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