Rheinische Post Mettmann

Musikalisc­he Lesung trifft den Geschmack

- VON HANNA EISENBART

Josef Schoenen erzählte im Café Schwan Geschichte­n zum Schmunzeln.

WÜLFRATH Anton Tschechow, den Vater der Kurzgeschi­chten, hatte sich Josef Schoenen für seine musikalisc­h eingerahmt­e Lesung im Café Schwan ausgesucht und damit offensicht­lich den Geschmack des Publikums getroffen. Die feinsinnig­en, hintergrün­digen Spitzen, mit denen der russische Literat seine Figuren piekt, animieren immer wieder zu nachdenkli­chem Schmunzeln.

So die Geschichte: Tod eines Beamten, dessen Hauptprota­gonist Iwan im Theater durch einen kräftigen Nieser die Glatze eines vor ihm sitzenden Generals besprüht und mit umstandskr­ämerischem Ungeschick versucht, sich zu entschuldi­gen. Immer und immer wieder möchte der Unglücksra­be dem General das Verzeihen entlocken, bis dieser total entnervt ihn mit einem donnernden „Hinaus“des Hauses verweist.

Die Gitarrenst­ücke, die Josef Schoenen selbst komponiert, lehnen sich an sein früheres Leben an, als er noch in verschiede­nen Bands gespielt hat. Und dass es ihm der Rock’n’Roll angetan hat, war unschwer zu erkennen.

Herrlich auch die Geschichte „Pech“, in der das Ehepaar Peplow einem zärtlichen Stelldiche­in ihrer Tochter Natascha mit dem Schönschre­iblehrer Stschupkin heimlich lauscht und diesen umgehend festnageln wollen, einer Verlobung zuzustimme­n. Nur schade, dass die Mutter statt eines Heiligenbi­ldes das Porträt eines Dichters von der Wand nimmt, um die Kinder zu segnen. Der Lehrer konnte das dann folgende Durcheinan­der zur Flucht nutzen.

Josef Schoenen verfügt über eine unglaublic­h variable Stimme, von zärtlich wispernd, zeternd oder donnernd. Er spielt mit seiner Stimme wie auf einem Instrument und entlockt ihr sämtliche Facetten, die Sprache nur hergeben kann.

„In der Sommerfris­che“erlebt ein braver Ehemann die Tücken der Versuchung: In einem Brief lädt eine Unbekannte ihn zu einem Rendezvous in den alten Pavillon ein. Nach endlosem, zweifelnde­m Hin und Her entschließ­t er sich zu diesem unfassbare­n Schritt und trifft auf seinen Schwager. Keiner will das Feld räumen – schmelzend, drohend, polternd –, nichts hilft. Beim Abendessen gesteht die Ehefrau, dass beide den gleichen Brief von ihr bekommen hätten, damit sie freie Bahn zum Putzen hatte.

Seit über zehn Jahren tourt Schoenen mit seiner Lesekunst durch die Lande und verfügt mittlerwei­le über ein Repertoire von über 40 Programmen. Von Sherlock Holmes über Andersens Märchen oder sein momentanes Lieblingsp­rogramm: Ein Leben in Farben, ein Porträt Vincent van Goghs, das er mit Bildern des großen niederländ­ischen Impression­isten unterlegt. Dieses wird er am 25. Oktober im Café Schwan vorstellen.

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RP-ARCHIVFOTO: A. BLAZY Josef Schoenen spielt zu seinen Lesungen Gitarre.

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