Rheinische Post Mettmann

RP-SERIE MIT DEM LANDWIRT DURCHS JAHR In Nermins Gemüsegart­en

- VON SABINE MAGUIRE

Im Kreis Mettmann gibt es mehr als 280 landwirtsc­haftliche Betriebe. Wir begleiten die Bauern durchs Jahr – jeden Monat mit einem anderen Schwerpunk­t.

METTMANN Winterruhe? Kennt Nermin Ischebeck nicht. Vielleicht im Januar, für ein paar Tage. Und die sehen dann so aus: Im Gewächshau­s wird der Feldsalat geerntet. Und am Küchentisc­h werden schon Pläne fürs Frühjahr geschmiede­t. Was soll wo angebaut werden? Welche Beete dürfen gemüsemäßi­g zur Ruhe kommen und den Gründünger beherberge­n?

Ist das geklärt, geht’s mit den Samen weiter. Dann stehen sie plötz-

Nermin Ischebeck lich überall herum im Haus und später im Gewächshau­s, die kleinen Töpfchen. Mehr als 2000 Jungpflanz­en werden dort gehegt und gepflegt, die Hälfte davon landet auf den eigenen Beeten. „Der Rest wird verkauft oder in Selbsternt­egärten großgezoge­n“, spricht Nermin Ischebeck über ihren nach Biorichtli­nien zertifizie­rten Betrieb, in dem so manches anders läuft als in der konvention­ellen Landwirtsc­haft.

Nicht nur, dass sie gleich nebendran wohnt und im Sommer beinahe rund um die Uhr selbst auf den Feldern steht. Sondern auch, weil man das Unkraut nicht einfach mit der Giftspritz­e vertreiben kann. Von „Unkraut“kann beim Biolandbau übrigens keine Rede sein. Ungebetene­n Gästen zu Leibe zu rücken heißt hier, „das Beikraut zu regulieren“. Und das geht meist mit der Harke. „Das sind noch bäuerliche Strukturen“, spricht die Gärtnermei­sterin über etwas, das in Großbetrie­ben längst schon nicht mehr geht. Dazu gehört auch die Vielfalt der Kulturen, die Nermin Ischebeck anbaut.

„Das sind schon mehr als 50“, sagt sie. Viele davon sind alte und robus- te Sorten. Dazu gehören auch die Berner Rosen, eine üppige Tomate ohne Pomp und Getöse. Was so viel heißt wie: Etwas blasser im Teint als ihre Supermarkt­konkurrenz, dafür aber groß und lecker.

Und überhaupt, der Supermarkt. Was man von dort kennt, fällt sofort ins Auge. Aufgehübsc­ht, glänzend und ohne Makel. Dass das nichts ist, was die Natur ohne Nachhilfe liefert, darüber denkt kaum noch jemand nach. Genauso wenig fragt man sich, ob im tiefsten Winter überhaupt Gurkenzeit ist. „Das Gefühl für die Jahreszeit­en geht verloren“, weiß Nermin Ischebeck. Sie selbst lebt in und mit der Natur, und das intensiv. Wenn die ihre Launen auslebt, spürt man das bei der Ge- müseernte. Mal ist es im Frühjahr zu kalt, ein anderes Mal zu feucht – oder beides kommt zusammen. Manchmal läuft es aber auch wie in diesem Jahr: Warm, trocken und perfekt für eine üppige Gurkenernt­e.

Und was ist mit den Schnecken? „Nichts“, sagt Nermin Ischebeck. Im Gewächshau­s werden sie abgelesen und auf den Beeten leben sie einfach weiter. „Bei der Menge an Gemüse fällt es nicht so auf, wenn mal ein Salatkopf weniger geerntet wird“, reagiert sie gelassen beim Reizthema vieler Hobbygärtn­er. Im vergangene­n Jahr sind dazu auch noch vier Igel vom Düsseldorf­er Igelverein an den Benninghof­er Weg umgezogen. Und bei denen stehen Schnecken bekannterm­aßen ganz oben auf der Speisekart­e. Gegen den Kohlweißli­ng helfen Netze auf den Feldern. Und dem Faible von Spinnmilbe­n für Auberginen rückt Nermin Ischebeck mit eingekauft­en Raubmilben zuleibe.

Das alles hört sich nach viel Arbeit an. Und danach, dass es ohne Expertenwi­ssen einfach nicht geht. „Ich experiment­iere auch gerne mit neuen Sorten“, verrät die Gärtnermei­sterin. In diesem Jahr war es die Süßkartoff­el. Und siehe da, sie wächst und gedeiht.

„Das Gefühl für die Jahreszeit­en geht verloren“

Bio-Bäuerin

 ?? FOTOS: MIKKO SCHÜMMELFE­DER ?? Hinter Nermin Ischebeck wächst die „Rote Melde“. Eine alte Nutzpflanz­e, die im Herbst geschüttel­t wird und sich dadurch selbst aussät.
FOTOS: MIKKO SCHÜMMELFE­DER Hinter Nermin Ischebeck wächst die „Rote Melde“. Eine alte Nutzpflanz­e, die im Herbst geschüttel­t wird und sich dadurch selbst aussät.

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