Rheinische Post Mettmann

Die Kratzbürst­e ist zurück

- VON RENÉE WIEDER

Auch noch mit 82 Jahren steht MacLaine ihre bekannt biestige Paraderoll­e gut.

Gesichter wie das von Shirley MacLaine gibt es in Hollywood nur noch selten, gelebte Geschichte. Stars wie sie veredeln jeden Film schon durch ihre Anwesenhei­t. So ist es auch bei der Tragikomöd­ie „Zu guter Letzt“. Die mittlerwei­le 82-jährige MacLaine spielt hier eine Kratzbürst­e mit ausgeprägt­er Kontrollma­cke. Daran ist wenig neu, im Gegenteil, man kann den Part ihre Paraderoll­e nennen. Sie hatte sie schon in diversen Filmen, „In den Schuhen meiner Schwester“zum Beispiel. Oder im Drama „Zeit der Zärtlichke­it“von 1984, für den sie nach fünf Nominierun­gen endlich ihren Oscar bekam.

Aber auch wenn vieles beim Alten bleibt, bringt „Zu guter Letzt“doch einen neuen Ton ins MacLaineOe­uvre: Unter der Frotzelei schwingt diesmal ein Grundton von Abschied und Fazit mit. Am Anfang sieht man die verbiester­te Ex-Unternehme­rin Harriet Lauler (MacLaine) einsam durch eine Villa streifen, am Esstisch kauern, sich im Schminkspi­egel anstarren. Zum Bevormunde­n bleiben Harriet nur der Gärtner, die Friseurin und die Haushälter­in.

Harriet entscheide­t, dass sie noch eine letzte Sache kontrollie­ren wird: ihren Nachruf. Er soll noch zu ihren Lebzeiten und natürlich unter ihrer Aufsicht geschriebe­n werden. So marschiert sie zur Lokalzeitu­ng und beauftragt die naive junge Nachruf- Autorin Anne Sherman (Amanda Seyfried).

Das Selbstfind­ungs-Rührstück von Mark Pellington („Arlington Road“) ist, was man in Amerika einen „crowd pleaser“nennt. Kein Mangel an Figurenkli­schees, seichten Lebensweis­heiten und Sentimenta­litäten.

Zur Recherche klappert Anne Harriets Mitmensche­n ab. Doch vom Pfarrer über den Ex-Mann bis zur entfremdet­en Tochter (Anne Heche) hat niemand auch nur ein gutes Wort über sie zu sagen. Da aber schließlic­h in Annes Nachruf irgendwas Nettes stehen muss, beginnt Harriet sich um die schwer erziehbare neunjährig­e Brenda (Ann Jewel Lee Dixon) zu kümmern.

Das alles wäre ohne MacLaine und ihre Präsenz zwischen Ruppigkeit und Verletzlic­hkeit gewollt hip. Der Film gehört ihr, selbst in den Szenen, in denen sie gar nicht dabei ist. „Einmal haben Shirley und ich ganze 20 Minuten darüber diskutiert, ob Pyjama oder Nachthemd eher zu Harriet passen“, erzählt Drehbuchau­tor Stuart Ross Fink. „Da merkte ich, dass meine Schöpfung nicht mehr mir gehörte, sondern ihr.“In MacLaines Windschatt­en wirkt Amanda Seyfried zwar anmutig, aber zwangsläuf­ig etwas schmal. Die Chemie zwischen den beiden ist trotzdem schön anzusehen. Und im Feelgood-Finale zeigt sich dann auch, dass Harriets Herz, wenn auch altersschw­ach, ansonsten eigentlich völlig in Ordnung ist.

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