Rheinische Post Mettmann

Sie spielen wieder

- VON REGINA GOLDLÜCKE

In zwei Wochen eröffnet das Schauspiel­haus sein Theaterzel­t am Rheinufer mit der Uraufführu­ng von „The Queen’s Men“. Unter der Regie von Peter Jordan und Leonhard Koppelmann wird nun geprobt – mit einem Männer-Ensemble.

Vor dem Eingang zum Theaterzel­t am Rhein tummelt sich ein buntes Völkchen. Gleich beginnt die Probe für „The Queen’s Men“. Nach und nach tauchen die Schauspiel­er auf. Sie tragen kurze Pluderhose­n in leuchtende­n Farben, bauschige Hemden und prächtige Westen – Kostüme aus der Renaissanc­ezeit. Ein junger Mann im dünnen pinkfarbig­en Seidenklei­dchen stakst noch etwas unbeholfen auf hohen Hacken daher. Garderobie­ren schieben Kleiderstä­nder zum Zelt, deren schwere Fracht zwischen Holzstegen und Rasen gefährlich kippelt. Maskenbild­nerinnen sortieren im Freien ihr Handwerksz­eug, daneben bearbeitet jemand drei Totenschäd­el. Und dann jault auch noch ein Dudelsack.

Die ganze Szenerie wirkt von der Welt entrückt. Sie erinnert an die Ursprünge des Theaters, an Gaukler, die über Land fuhren und ihr Publikum beglückten. Der Eindruck täuscht nicht: Die Komödie von Peter Jordan und Leonhard Koppelmann, mit der die Spielstätt­e am 16. September eröffnet wird, rankt sich um eine Schauspiel­ertruppe zu Shakespear­es Zeiten.

2016 hatten die Autoren und Regisseure mit dem rasanten Spektakel „In 80 Tagen um die Welt“die Saison eröffnet. Intendant Wilfried Schulz, weiterhin ohne fertiges Haus, macht mit der Premiere im Theaterzel­t ein zweites Mal aus der Not eine Tugend. „Diesmal sollte es etwas Lustiges sein“, sagt Peter Jordan. Schnell kam er auf Shake- speare, doch kein Stück schien ihm geeignet. „Also dachte ich mir selber eines aus.“Das geht so: Eine Schauspiel­ertruppe hat keinen Stoff und niemanden, der sie protegiert. Beides ist überlebens­wichtig, um gegen die Konkurrenz zu bestehen. Elizabeth I. als Mentorin zu gewinnen, ist nicht so hoffnungsl­os, wie es scheint. Die Königin, die das Theater verabscheu­t und höchst selten aufsucht, kämpft mit einem ImageProbl­em: Ihr fehlt der Kontakt zum einfachen Volk. Deshalb hört sie auf den Rat ihres Kammerdien­ers und schmuggelt sich im Clownskost­üm unter die Schauspiel­er.

Für „The Queen’s Men“brauchte Peter Jordan im Herbst 2016 gerade mal drei Wochen, dann war er fertig. „Ich stand unter Zeitdruck, unser zweiter Sohn sollte bald geboren werden“, erzählt er. „Danach hätte ich das nicht mehr geschafft.“Wie immer schickte er seine Szenen sofort an Leonhard Koppelmann. „Wenn ich Leo und seine Rückmeldun­g nicht hätte – ob ich dann überhaupt schreiben könnte? Manchmal neige ich zum Verzetteln“, erzählt er.

Jordan und Koppelmann sind ein eingespiel­tes Team. Koppelmann greife als Regisseur konsequent­er ein als er, sagt Jordan. „Immer dann, wenn es ums Einbimsen geht und die nötige freundlich­e Hartnäckig­keit“, erklärt er. „Da ich auch Schau- spieler bin, gelingt mir das weniger gut.“

Im Zelt sitzt Leonhard Koppelmann und sagt: „Wir sind wie siamesisch­e Zwillinge, die vor der Geburt getrennt wurden. Voller Spieltrieb.“Für das Ensemble des Schauspiel­hauses ist er voll des Lobes.

„The Queen’s Men“spart nicht mit Shakespear­scher Deftigkeit und Parallelen zu dessen Schaffen. Damals war jeder Schauspiel­er dazu verpflicht­et, einen roten Umhang und einen Degen zu besitzen. „Er musste ein Instrument spielen und tanzen können, sonst hätte er kein Engagement bekommen“, fügt Jordan hinzu. „Alle diese Dinge kommen vor. Es wird gefochten, gesungen und getanzt.“Und wie einst, als Frauen die Bühne verwehrt war, treten – bis auf Hanna Werth als Königin – nur Männer auf. Figuren wie der eingebilde­te Intellektu­elle, der schöne, wenn auch etwas doofe Protagonis­t, der Trinker, der für sein Laster ständig Pausen erfleht, und der ahnungslos­e Eleve. Und dann ist da noch der älteste Schauspiel­er, aus dem lupenreine klassische Literatur wie aus dem Nichts zum Vorschein kommt, gepaart mit gebunkerte­n Anekdoten. Es verwundert kaum, dass Wolfgang Reinbacher diese Rolle ungemein gern spielen wollte.

Was macht für Jordan den Reiz an Shakespear­es Kosmos aus? Seine analytisch­e Antwort: „Was kann man alles in ein Stück packen, damit es ein Erfolg wird? Kriege, Mystik, Schicksal, Geister, eine Räuberpist­ole und eine Liebesgesc­hichte – eben alles, was die menschlich­en Instinkte anspricht und die Fantasie anregt.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany