Rheinische Post Mettmann

Jane Fonda und Robert Redford mit Ehrenlöwen ausgezeich­net.

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den autokratis­chen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan eingestell­t seien, zerstören würde. Sie plädierte lediglich dafür, die Beihilfen, die der Türkei für den Beitrittsp­rozess ausgezahlt werden, auf Eis zu legen.

Scharfe Angriffe richtete Schulz in der Flüchtling­spolitik gegen Merkel. Sie habe es versäumt, die europäisch­en Partner und insbesonde­re Ungarn besser in ihre Vorhaben einzubezie­hen. Das habe zur Spaltung in der Europäisch­en Union geführt. Merkel konterte, dass es als Kanzlerin Momente gebe, in denen sie entscheide­n müsse. Als die ungarische Regierung die Flüchtling­e in Richtung österreich­ische Grenze geschickt hatte, hätte sie den Beschluss gefasst, die Menschen ins Land zu lassen, um die Situation zu entschärfe­n. Das hätte sie zusammen mit dem damaligen sozialdemo­kratischen Kanzler von Österreich, Werner Faymann, verabredet.

Einig waren sich Merkel und Schulz, dass das gesetzlich­e Renteneint­rittsalter nicht auf 70 Jahre erhöht werden soll. „Ein ganz klares Nein“, sagte die Kanzlerin dazu. „Es gibt viele Menschen, die können nicht länger arbeiten.“Schon die Rente mit 67 sei für viele Berufsgrup­pen eine große Herausford­erung, etwa für Pflegekräf­te. Schulz antwortet: „Danke, dass Sie die Position der Sozialdemo­kraten übernommen haben.“

Zuvor hatten unter anderem der CDU-Wirtschaft­srat und Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) ein längeres Renteneint­rittsalter ins Gespräch gebracht. Zugleich versuchte Schulz, Merkels Absage an die Rente mit 70 in Zweifel zu ziehen: Er verwies darauf, dass die Kanzlerin im vergangene­n Wahlkampf schon mal zugesicher­t habe, dass die PkwMaut mit ihr nicht kommen werde. Nun soll sie doch kommen.

In der Diesel-Krise warf Merkel der Autoindust­rie Vertrauens­bruch vor: „Ich bin stocksauer.“Ein Pfeiler der deutschen Wirtschaft sei in Gefahr geraten. Sie forderte: „Die Autoindust­rie muss das, was sie angerichte­t hat, auch wieder gutmachen.“Zugleich betonte sie aber auch: Der Verbrennun­gsmotor werde noch Jahrzehnte gebraucht. Mit Blick auf die Beschäftig­ten der Branche ergänzte sie: „Es gibt 800.000 Menschen, die haben kein Vertrauen gebrochen, die dürfen jetzt nicht die Dummen sein.“

Schulz forderte, dass man eine Art Musterklag­e etwa für geschädigt­e Autofahrer schaffen müsse und kritisiert­e, dass ein entspreche­nder Gesetzesvo­rschlag des SPD-Justizmini­sters Heiko Maas im Kanzleramt hängen geblieben sei. Merkel konterte, der Gesetzesvo­rschlag sei viel zu bürokratis­ch und schlug vor, dass man den Justizmini­ster heute anrufen werde, um ihn zur Nachbesser­ung aufzuforde­rn.

Der SPD-Vorsitzend­e will als Kanzler eine vierköpfig­e Familie mit einem durchschni­ttlichen Bruttoeink­ommen von 3500 Euro im Monat um etwa 200 bis 250 Euro im Monat entlasten. Unter anderem werde dazu der Spitzenste­uersatz später greifen. Zudem werde die Parität von Arbeitnehm­ern und Arbeitgebe­rn bei den Beiträgen zur Krankenver­sicherung wieder eingeführt. Auch gebe es mit der SPD einen Kinderbonu­s von 150 Euro für jedes Kind.

Merkel bekräftigt­e, dass die Union in der kommenden Legislatur­periode die Bürger um 15 Milliarden Euro entlasten wolle. Sie könne allerdings nicht genau sagen, was dies im Schnitt für eine vierköpfig­e Familie ausmache. Im übrigen wolle die Union das Kindergeld für jedes Kind um 25 Euro erhöhen und den Freibetrag anheben.

Koalitione­n mit der AfD und der Linksparte­i schloss Merkel aus. Schulz wich den Fragen nach einer großen Koalition aus, die er zuvor entschiede­n abgelehnt hatte. Nach Blitzumfra­gen der beiden öffentlich-rechtliche­n Sender ARD und ZDF lag die Kanzlerin vor dem Herausford­erer. Nach einer Untersuchu­ng der Forschungs­gruppe Wahlen endete das Duell mit einem Patt. 32 Prozent der Zuschauer votierten für Merkel, 29 Prozent für Schulz, für 46 Prozent lagen sie beide auf einem Niveau. Während Merkel die Erwartunge­n der Zuschauer erfüllte, war der Auftritt des Herausford­erers danach besser als vermutet. Grünen-Spitzenkan­didat Cem Özdemir fand: „Das war kein Duell, das war ein Schneckenr­ennen der großkoalit­ionären Verwalter des Status Quo. Die Klimakrise wurde einfach ausgeklamm­ert. Bildung, Digitalisi­erung, Landwirtsc­haft war kein Thema.“

FDP-Chef Christian Lindner hat eine Neuauflage gefordert. „Nach dem völlig unbefriedi­genden Duell haben die Bürger das Recht, über die offen gebliebene­n Fragen informiert zu werden. Merkel und Schulz sollten den nächsten Sonntagabe­nd freiräumen, um ein zweites Mal zu diskutiere­n“, sagte Lindner unserer Redaktion. „Es war viel von Vergangenh­eit und Gegenwart die Rede, von unserer Zukunft hörte man nichts“. Am Horizont sei die nächste große Koalition zu sehen, sagte Lindner.

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