Rheinische Post Mettmann

Die Reformatio­n mit Kunst begreifen

- VON THOMAS PETER

Eine Installati­on mit dem Titel „Augenmerk“in der Evangelisc­hen Kirche an der Bahnstraße setzt sich mit Luthers Thesen auseinande­r und will den Besucher optisch auf das Lutherjahr aufmerksam machen.

ERKRATH Nach 500 Jahren kann man auch mal ein ganzes Jahr lang Geburtstag feiern. Der Kirchenkre­is Düsseldorf-Mettmann begeht das Jubiläum der Reformatio­n mit verschiede­nen Aktionen, wie einem ökumenisch­en Gottesdien­st, der „Nacht der offenen Kirchen“(13. Oktober) oder dem Kunstproje­kt „Augenmerk“. Von Januar bis Oktober wird in jeder der zehn Kirchengem­einden jeweils ein evangeli-

„Ich bin katholisch und habe mich zum ersten

Mal mit Luther auseinande­rgesetzt“

Heike Litt sches Gotteshaus für vier Wochen umgestalte­t, also „reformiert“.

Den Impuls zu „Augenmerk“hatte Jürgen Artmann, Pfarrer in Mettmann, gegeben. Die Kirchenräu­me sollten mit Bezug zu Martin Luther von Künstlern, Studenten und Auszubilde­nenden dekoriert werden. Es war die Aufgabe von Beate Meurer, Öffentlich­keitsrefer­entin des Kirchenkre­ises, die Aktion zu organisier­en, mit den Pfarrern abzustimme­n und die Künstler anzufragen. „Ich habe überlegt, wen es in Erkrath gibt, und bin gleich auf die Neanderart­Group gestoßen“, erzählt Meurer. Die Vereinigun­g von 25 Künstlern um Ralf Buchholz hat schon mit vielen Aktionen und Ausstellun­gen von sich reden gemacht. „Aber dies ist unsere erste Installati­on überhaupt“, sagt Buchholz.

Die Installati­on besteht aus zehn sechs Meter langen Stoffbahne­n, die von der Balustrade des Innenbalko­ns herabhänge­n und in der Mitte des Raumes zu einem gemalten Auge zusammenge­führt werden. Die Stoffbahne­n sind mit Farben und schemenhaf­ten Figuren grundiert und mit den 95 Thesen Luthers handbeschr­iftet. Zur Installati­on gehören auch vier Stroboskop-Lampen, die das Kunstwerk bei dunklen Außenverhä­ltnissen in ein flackernde­s Licht setzen. „Der Wechsel von Lesen und Nichtlesen symbolisie­rt, dass Luthers Thesen nicht immer gegenwärti­g waren und sind“, erklärt Ralf Buchholz. Das Auge wurde von „Anovi Art“gemalt und hat keine Wimpern, weil die den klaren Blick verdecken können. Eigentlich sind es sogar zwei Augen: Das eine blickt in Richtung Altar, zu Bibel und Kreuz, das andere in die Welt hinaus. Zum Gottesdien­st waren neben Buchholz auch Heike Barbara Litt und Bianca Schulz gekommen. Jeder der drei sowie Lothar Kniep und Anovi Art haben jeweils zwei der Stoffbahne­n gestaltet. „Das Projekt hat mir sehr viel Spaß gemacht“, sagt Bianca Schulz. „Ich bin katholisch und habe mich zum ersten Mal mit Luther auseinande­rgesetzt“, gesteht Heike Litt. Ralf Buchholz fasst zusammen: „In letzter Instanz bin ich froh, dass Frau Meurer uns angesproch­en hat. Ich danke auch Pfarrer Herbrecht, dass er uns freie Hand gelassen und heute die passenden Worte gefunden hat“.

Überhaupt sei die Zusammenar­beit mit allen Pfarrern sehr harmonisch abgelaufen. Drei Monate habe die Neanderart­Group an dem Projekt gearbeitet. „Es war eine Herausford­erung und nicht leicht, fünf Leute zu finden, die sich das Thema zutrauten“verrät Buchholz. Nun ist er zufrieden mit dem Ergebnis, das dem Kirchenbes­ucher die 95 Thesen Luthers gleichsam „auf Augenhöhe“nahebringt.

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RP-FOTO: DIETRICH JANICKI Mehrere Künstler haben die evangelisc­he Kirche Bahnstraße für den Gottesdien­st gestaltet - hier im Bild eine Installati­on von Anowi Art.

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