Geschäftsmodelle zukunftsfähig machen
Umbrüche in Wirtschaft und Gesellschaft gab es immer – das lehrt schon der Blick in die Geschichtsbücher (oder die entsprechenden digitalen Seiten von Wikipedia). Allerdings hat sich das Tempo des wirtschaftlichen Wandels in den vergangenen 20 Jahren sehr verschärft. Unternehmen müssen auch in wirtschaftlich guten Zeiten immer die Zukunft im Blick haben – und ihre eigene Restrukturierung im Geiste vorwegnehmen, sagt der erfahrene Jurist und Steuerberater Dr. Wolf-R. von der Fecht.
Gustav Andreas Theodor Hartmann war zu Beginn des 20. Jahrhunderts für die Berliner ein Held. Er inspirierte den deutschen Dramatiker Hans Fallada zu dem Roman „Der eiserne Gustav“– der legendäre Droschkenfahrer, der am 2. April 1928 mit seiner Kutsche samt Zugpferd zu einer Reise nach Paris aufbrach, wo er am 4. Juni 1928 ankam, um gegen den Niedergang des Droschkengewerbes und die ständig steigende Anzahl von Autos zu protestieren. Trotz 1000 zurückgelegter Kilometer und eines viel beachteten Portraits in der Weltliteratur – den Aufstieg der benzinbetankten Fahrzeuge konnte der Kutscher nicht verlangsamen, geschweige denn aufhalten.
Wie dem eisernen Gustav geht es heute angesichts der Herausforderungen Digitalisierung, Globalisierung und einem veränderten Kundenverhalten einer Vielzahl von Unternehmen in einer Vielzahl von Branchen. Sei es die Verlags- und Druckbranche, die Bankenbranche, die Energiebranche oder auch zuletzt die Automobilbranche – seit Beginn des 21. Jahrhunderts ist nicht mehr von Veränderungen die Rede, sondern von Disruption.
„Das Beispiel des eisernen Gustavs zeigt, dass der Veränderungsdruck nicht neu ist“, sagt Dr. Wolf-R. von der Fecht, Partner der Kanzlei von der Fecht LLP. „Neu ist die Veränderungsgeschwindigkeit. Und die wird vor allem von der Digi- talisierung ganzer Industriezweige bestimmt.“Dem erfahrenen Experten fallen viele Beispiele ein, etwa im Verlagswesen. Die Digitalkamera brachte ganze Industrien in der Foto-, Film- und Medienbranche durcheinander. Ursprünglich gängige industrielle Verfahren wurden über Nacht obsolet. Gleiches gilt für das gedruckte Wort auf Papier – schnelle minutengenaue Informationen sind heute via Internet selbstverständlich über den Bildschirm verfügbar – häufig scheinbar kostenfrei. Und dennoch sind Erklärungen gerade wirtschaftlicher Zusammenhänge heute so wichtig wie nie, denn nur so können Modelle für zukünftige Entwicklungen diskutiert werden.
Beispiel Banken. Filialen werden dank Internet-Überweisung immer seltener vom Kunden besucht, anonyme Online-Programme übernehmen große Teile der traditionellen Kundenberatung. Täglich fließen Zahlungsströme in Milliardenhöhe über Rechner, ohne dass Kunden und Bankberater auch nur voneinander wissen.
Beispiel Einzelhandel. „Der filialisierte Einzelhandel stirbt im großen Umfang weltweit“, beobachtet von der Fecht, „auch das veränderte Kundenverhalten treibt diese Entwicklung voran“. Kunden vergleichen Preise online und suchen das für sie passende Angebot – manchmal sogar auch nach dem Besuch eines Ladengeschäfts. Zurück bleibt der Einzelhändler, der im Preiskampf nicht mithalten kann. Und Amazon versendet beileibe nicht mehr nur Bücher bis an die Haustür, sondern (fast) alles.
„Die Digitalisierung treibt das Informationszeitalter quer durch alle Branchen in die Abläufe von Unternehmen hinein“, so der Experte weiter. Das Internet ist global, online und in einem 24-Stunden-Betrieb an allen sieben Tagen der Woche angelegt.
Die Markteintritts- und Distributionskosten sind niedrig im Informationszeitalter – das fördert neue Geschäftsmodelle, und die Veränderung macht auch vor Branchenriesen nicht Halt.
Was bedeutet das für aktuelle Erfolgs-Branchen wie den auch in der Landeshauptstadt so erfolgreichen mittelständischen Maschinen- oder Anlagenbau, dessen Auftragsbücher noch gut gefüllt sind? „Auch diese Branche muss mögliche Entwicklungen bereits vorwegdenken, Stichwort Industrie 4.0“, sagt von der Fecht. „Denn bereits heute müssen sich Unternehmen darauf einstellen, dass alle Maschinen miteinander vernetzt kommunizieren und sich von der Kundenbestellung bis zur Auslieferung des Produkts die Rechner untereinander selbstständig beauftragen. Viele Prozesse können komplett automatisiert sein.“
Geschäftsmodelle gehören also ständig und dauernd auf den Prüfstand – auch wenn aktuell keine Restrukturierung nötig erscheint. „Am besten gelingt dies, wenn viele Mitarbeiter quer durch alle wertschöpfenden Abteilungen aktiv an diesem Prozess beteiligt werden, um das Geschäftsmodell des Unternehmens technologisch up to date zu halten und um den Markt und die Kundenbedürfnisse ständig fest im Blick zu behalten. Helfen können dabei unabhängige und unvoreingenommene Berater. Warten Sie nicht erst auf den Insolvenzverwalter“, rät von der Fecht.
Die Markteintrittsund Distributionskosten sind niedrig – das fördert neue Ge
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