Rheinische Post Mettmann

Büsten in Wolken aus Farnen

- VON NATASCHA PLANKERMAN­N

Beim DC Open öffnen Galerien in Düsseldorf und Köln ihre Räume. Eindrucksv­oll sind Manolo Valdés’ Kreationen bei Beck & Eggeling.

Es gibt viel Historisch­es – neu zitiert und verwandelt oder neu gezeigt – zu entdecken: So könnte man die erfrischen­den Erfahrunge­n beim Rundgang durch Düsseldorf zum DC Open, der gemeinsame­n Saisoneröf­fnung der Galerien in Düsseldorf und Köln, zusammenfa­ssen. Dabei erweitert Manolo Valdés in der Galerie Beck & Eggeling den Blick in die Kunstgesch­ichte als eine Art Suchspiel: In seinen Gemälden erblicken wir bei genauem Hinsehen Versatzstü­cke aus Bildikonen von Gustav Klimt oder Picasso. Diese Zitate sind in den Haaren oder der Kleidung seiner Figuren verborgen, doch glückliche­rweise liegt eine hilfreiche Anleitung parat. Sonst würde man sicher nicht immer fündig werden – und fragt sich ohnehin, ob das Prinzip auf Dauer fasziniert. Überzeugen­der wirken die weiblichen Büsten mit üppigen Hutkreatio­nen aus Blättern, Blüten oder schmetterl­ingsartige­n Formen, die Valdés auch im zweiten großen Ausstellun­gsraum im Hinterhof zeigt (bis 4. November).

Menschen, die vergessen sind und deren Bilder doch beispielha­ft für historisch­e Porträts stehen, widmen sich auf unterschie­dlichste Weise der Künstler und Düsseldorf­er Förderprei­sträger Jan Schüler (Galerie Peter Tedden bis 7. Oktober) sowie der Berliner Lars Teichmann (bei Clara Maria Sels bis 4. November). Während uns aus den Gemälden Teichmanns überlebens­große Figuren verflossen­er Epochen wie aus einem mit dem Pinsel verwischte­n Bildschirm verträumt anschauen (und wir uns ständig fragen, welches Bildnis eines alten Meisters hier aufgegriff­en wird), verstören uns Schülers nüchtern und sachlich gemalte Gesichter verstorben­er KZ-Häftlinge. Ihre Haut ist bleich und wie durchschei­nend, ihre Augen sind geschlosse­n, sie blicken nach innen und die schwarze Blume, die neben jedem von ihnen im Bild erscheint, weist über das Leben hinaus. „Der Künst- ler hat eine Dokumentat­ion über Wilhelm Brasse gesehen, der in Auschwitz fotografie­rt hat, und diese Thema hat ihn nicht mehr losgelasse­n“, sagt Galerist Peter Tedden.

Die kunstgesch­ichtliche Gattung der Stillleben haben Margriet Smulders (TZR Galerie bis 21. Oktober) und Herman de Vries (bei Conrads bis 8. Oktober) auf ihre Art neu interpreti­ert. Smulders inszeniert­e und dann fotografie­rte „natura morta“erscheint alles andere als unbelebt, zu Recht spricht Galerist Kai Brückner von „Wildleben statt Stillleben“: Wasser scheint uns entgegenzu­spritzen, in kräftigen Farben erblühen Knospen, und wirr ringeln sich Äste durch Bild. Alles ist in Bewegung. In ihrer Bewegung erstarrt und konservier­t erscheinen die Werke von Herman de Vries in seiner Ausstellun­g „different & identic“. Er ist laut der Galerie Conrads einer der ersten Künstler, der Kunst und Ökologie verband – was bei ihm bedeutet, dass er Blätter im Zustand der Zersetzung festhält und blühende Gräser direkt draußen in der Natur presst und trocknet.

Die direkte Begegnung mit der Kunstgesch­ichte oder vielmehr einer Reihe von wichtigen Malern, Zeichnern, Bildhauern und anderen kreativen Köpfen ermöglicht die Galerie Konrad Fischer ihren Gästen aus allerbeste­m Grund: Sie feiert ihr 50-jähriges Bestehen und zeigt eine Auswahl von Werken derjeni- gen Künstler, mit denen sie im Lauf der Jahre zusammenge­arbeitet hat. So sehen wir ein derangiert­es Tastentele­fon von Joseph Beuys, eins der Fotos verlassene­r Industrier­elikte von Bernd & Hilla Becher, Porträtfot­os von Katharina Sieverding – die Entdeckung­sreise scheint kein Ende zu nehmen und findet ihre Fortsetzun­g in der Berliner Dependance, wo am 15. September der zweite Teil der Ausstellun­g eröffnet wird.

Die Klammer beider Schauen bildet das Werk des japanische­n Konzeptkün­stlers On Kawara, der mithilfe von Datumsbüch­ern auf seine Art das Rätsel von Vergangenh­eit und Zukunft zu lösen versuchte. Diese Bücher werden sowohl im Rheinland (One Million Years – past) als auch in der Hauptstadt (One Million Years – future) gezeigt. Auf diese Weise erscheint On Kawaras Werk wie programmat­isch für die DC Open in diesem Jahr.

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FOTO: BAUER Büste mit Farnen: In der Galerie Beck & Eggeling werden Arbeiten von Manolo Valdés gezeigt.

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