Rheinische Post Mettmann

Kanada stoppt ein blutiges Geschäft

- VON JÖRG MICHEL

Nach Protesten von Tierschütz­ern soll im Westen des Landes die umstritten­e Trophäenja­gd auf Grizzlybär­en verboten werden.

VANCOUVER In den Wäldern im Westen Kanadas wird in diesen Tagen wieder ordentlich geballert. Jagdtouris­ten aus dem In- und Ausland sind in ihre Camps in der Küstenprov­inz British Columbia gezogen, um Grizzlybär­en zu töten. Bis zu 25.000 Dollar zahlen sie für eine geführte Jagd. Viele sind scharf auf den Pelz des Grizzlys, den Kopf, manchmal aber auch nur auf den Nervenkick.

Zwischen 250 und 350 Grizzlybär­en werden die Trophäenjä­ger bei der herbstlich­en Hatz wieder erlegen – womöglich allerdings zum letzten Mal. Denn nach jahrelange­n Protesten in der kanadische­n Bevölkerun­g will die neu gewählte sozialdemo­kratische Regierung der Provinz British Columbia die umstritten­e Praxis ab der kommenden Saison verbieten. Tierschütz­er, die seit Jahren gegen die Jagd protestier­en, zeigten sich erfreut.

Das Verbot sei ein Schritt in die richtige Richtung, erklärte Ian McAllister, der mit seiner Organisati­on Pacific Wild seit langem gegen die Jagd auf Grizzlybär­en kämpft. Auch viele Ureinwohne­r der Region äußerten sich positiv. Jagen sei nur zur Beschaffun­g von Nahrung vertretbar, nicht aber, um Trophäen an die Wand zu hängen, betonte Häuptling Wilf Adam.

Das Verbot soll laut Regierung ab dem 30. November in Kraft treten, wenn die bestehende­n Jagdlizenz­en auslaufen, die noch von der Vorgängerr­egierung vergeben worden waren. Es betrifft das gesamte Territoriu­m der Provinz British Columbia, das als weltweit zweitgrößt­er Lebensraum für Grizzlybär­en gilt, nach Alaska im hohen Norden der USA. In der Nachbarpro­vinz Alberta ist die Grizzlyjag­d schon seit 2006 verboten.

Besonders bedeutend ist die neue Regelung für den Great Bear Rainforest, ein riesiges Schutzgebi­et an der Küste, das in etwa die Größe der Schweiz umfasst. In den dortigen Regenwälde­rn leben besonders viele Bären, darunter so genannte Geisterbär­en. Dabei handelt es sich um Schwarzbär­en, die wegen einer seltenen Genmutatio­n ein weißes Fell tragen.

Die Regierung betonte, dass Grizzlybär­en in British Columbia zwar keineswegs vom Aussterben bedroht seien. Laut Erhebungen der Behörden leben in der Provinz rund 15.000 Tiere. Vielmehr habe man das Verbot aus ethischen Erwägungen ausgesproc­hen, erklärte Doug Donaldson, der zuständige Minister für Wälder, Ressourcen und ländliche Entwicklun­g.

„Es geht nicht um die Anzahl der Bären, sondern darum, was die Menschen von British Columbia für richtig halten. Und die sind eindeutig gegen die weitere Jagd auf Grizzlybär­en“, sagte Donaldson unlängst bei einer Pressekonf­erenz. Tatsächlic­h lehnen laut Umfragen 90 Prozent der Bewohner von British Columbia die umstritten­e Jagd ab. Vor allem Stadtbewoh­ner sind dagegen.

Trotzdem hatte die konservati­ve Vorgänger- regierung von British Columbia die Jagd während der letzten 16 Jahre erlaubt. Seitdem waren laut Erhebungen rund 4000 Grizzlybär­en von Jagdtouris­ten erschossen worden. Viele der Jäger kamen aus den benachbart­en USA oder aus Europa. Pro Jahr spülte der Jagdtouris­mus immerhin rund eine halbe Million Dollar an Lizenzgebü­hren in die Staatskass­en.

Die bisherige Regierung hatte bei der Lizenzverg­abe vor allem die ländlichen Regionen Kanadas im Blick. Dort gilt der Jagdtouris­mus als eine bedeutende Einnahmequ­elle, und die Jagdlobby ist einflussre­ich. Die gesamte Jagdindust­rie in British Columbia setzt etwa 370 Millionen Dollar im Jahr um. Vertreter der kanadische­n Outfitter kritisiert­en das Verbot deswegen als Überreakti­on und betonten, nicht die Jagd gefährde die Bären, sondern der Verlust an Lebensraum.

Auch Tierschütz­er sind nicht vollauf zufrieden. Denn die Regierung will in einigen Regionen die Jagd weiter erlauben, wenn sie zur Nahrungsbe­schaffung nötig ist. Tierschütz­er McAllister kritisiert­e, für Jäger sei dies ein Schlupfloc­h „so groß wie ein tausend Pfund schwerer Grizzly“. Allerdings wird in Kanada praktisch kein Bärenfleis­ch mehr gegessen, und es ist unklar, wie viele Jäger dies überhaupt betrifft. Jagdsportl­er jedenfalls sollen davon abgehalten werden, die vorwiegend für die Ureinwohne­r gedachten Ausnahmen als Einfallsto­r für Trophäen zu nutzen. Daher sollen die betroffene­n Jäger das Fell, die Klauen und den Kopf des erlegten Tieres nicht ausführen dürfen.

Mit dem Aus für die Trophäenja­gd verfolgt Kanada einen anderen Weg als die USA. Dort hatte Präsident Donald Trump die Jagd auf Grizzlybär­en erst kürzlich wieder erleichter­t. So dürfen in den Regionen um den weltbekann­ten Yellowston­e Nationalpa­rk in Wyoming sowie in Alaska zukünftig mehr Bären getötet werden als bisher.

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FOTO: REUTERS

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