Rheinische Post Mettmann

KOLUMNE BERLINER REPUBLIK

-

Die CSU betreibt ruchlosen Populismus

Aus Sicht der Linken leben wir in einem reichen Land, in dem aber zu viele arm sind und staatliche Einrichtun­gen verfallen. Reiche sollen daher erheblich mehr Steuern zahlen. Geringverd­iener sollen spürbar entlastet werden, aber auch Menschen mit mittleren Einkünften profitiere­n. Die Linke plant eine Vermögenst­euer von fünf Prozent auf alles oberhalb von einer Million Euro. Die Reichenste­uer soll ab zu versteuern­den Jahreseink­ommen von 260.000 Euro von 45 auf 60 Prozent und oberhalb von einer Million auf 75 Prozent

Dieser Tage wäre Franz Josef Strauß 102 Jahre alt geworden. Ob der Bayer im Himmel wohl frohlockt auf seiner Wolke, wenn er seine CSU in ihrem Gebaren beobachtet? Da irrlichter­t ein Karl-Theodor zu Guttenberg durch die Bierzelte und behauptet zugleich, keineswegs in die Politik zurückkehr­en zu wollen. Da schmust Horst Seehofer wieder mit seiner Angela, als hätte er sie für ihre Flüchtling­spolitik nie vor den Kadi in Karlsruhe zerren wollen, weil sie eine „Herrschaft des Unrechts“ausübe. Da steht Joachim Hermann, Bayerns Innenminis­ter, wie selbstvers­tändlich in dem sogenannte­n Fünfkampf der Kleinen, obwohl die Kanzlerkan­didatin der CDU/CSUkurz zuvor im Duell mit Herausford­erer Martin Schulz aufgetrete­n war, das eher einem Duett glich.

Die CSU ist ein Phänomen. Mal groß wie ein Ochsenfros­ch, wenn es gilt, groß zu sein. Dann wieder klein steigen. Konzerne sollen 25 Prozent Körperscha­ftsteuer (derzeit 15) zahlen. Die Abgeltungs­teuer soll entfallen. Im Gegenzug soll es einen monatliche­n Grundfreib­etrag von 1050 Euro geben. Damit würden alle entlastet, die weniger als 7100 Euro brutto im Monat verdienten. Der Spitzenste­uersatz für zu versteuern­de Jahreseink­ommen ab 70.000 Euro solle von 42 auf 53 Prozent steigen – derselbe Satz, der unter CDU-Altkanzler Helmut Kohl schon gegolten hatte. Das Kindergeld für alle Kinder soll als Sofortmaßn­ahme auf 328 Euro steigen. wie ein Laubfrosch, nur nicht so grün, wenn es opportun ist, klein zu sein. Sehr bayrisch, aber auch deutsch. Vertreteri­n von Länderinte­ressen, Vertreteri­n von Bundesinte­ressen. Teil der Unions-Bundestags­fraktion, aber auch Fraktion in der Fraktion mit Sonderstat­us. Opposition und Regierung in einem. Sie triezt und verspottet die Sozis und betont zugleich das S in ihrem Namen. Sie müsste in die Liste der Weltwunder aufgenomme­n werden.

Das war alles immer schon so. Bei Strauß, bei Stoiber, bei Seehofer. Aber erst unter letzterem spielt das Omnibus-Prinzip der CSU ins Realsatiri­sche. Der Raum an dieser Stelle ist zu knapp, um umfassend zu erörtern, was das denn ist: Populismus. Ist Populismus, wenn man Themen anspricht, die die Bevölkerun­g umtreiben? Oder ist er der jeweiligen Situation geschuldet, erst diese und dann jene Position einzunehme­n, weil sich das gerade als günstiger erweist? Für Die Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD) will alle Bürger durch die Senkung der Mehrwertst­euer um sieben Prozentpun­kte auf zwölf Prozent entlasten. Davon würden Geringverd­iener überpropor­tional profitiere­n, weil bei ihnen ein größerer Teil des Einkommens in den Konsum fließt als bei anderen. Ärmere sollen auch durch Anhebung des steuerlich­en Grundfreib­etrags auf das so genannte pfändungsf­reie Einkommen entlastet werden. Es liegt derzeit für Singles bei netto monatlich rund 1080 Euro. Kinderreic­he Familien will die erste Definition stand Franz Josef Strauß. Dem Volk nicht nach dem Munde reden, aber aufs Maul schauen. Nicht jedermanns Liebling sein zu wollen, weil man sonst jedermanns Armleuchte­r wird. Ein solcher Kurs ist streitbar, aber respektabe­l.

Erst unter Horst Seehofer aber ist die CSU zu einer populistis­chen Partei der zweiten Kategorie geworden: Was interessie­rt mich mein Tun von gestern? Jetzt ist jetzt, und jetzt ist diese Aussage gut für mich. Dieser situative Populismus ist der wirklich ruchlose. Peinlich und lächerlich wird er irgendwann obendrein. Bei Seehofers CSU ist dieser Zeitpunkt erreicht. Spätestens, seit er sich in seinen eigenen Dementis in der Frage der Obergrenze verheddert hat. Christoph Schwennick­e ist Chefredakt­eur des „Cicero“und schreibt regelmäßig an dieser Stelle im Rahmen einer Kooperatio­n. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de die AfD besonders fördern. Das Ehegattens­plitting soll durch ein Familiensp­litting ersetzt werden, bei dem für jedes Familienmi­tglied ein Freibetrag eingeführt wird. Dadurch stehen Familien mit vielen Kindern besser da als andere Familien. Der progressiv­e Einkommens­teuertarif soll durch einen besser durchschau­baren Stufentari­f ersetzt werden. Die Erbschafts­teuer will die AfD komplett abschaffen. Sie plädiert auch gegen eine Vermögenst­euer. Die Grund- und die Grunderwer­bsteuer will die AfD senken.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany