Rheinische Post Mettmann

Jetzt rattert die rollende Saftfabrik

- VON DIRK NEUBAUER

Drei Tonnen Gewicht auf einem blitz-blanken Stahl-Anhänger. Und ein mini-industriel­ler Prozess bis hin zur Pasteurisi­erung und Verpackung in Schläuchen: Die mobile Mosterei von Familie Rapp hat zurzeit Saison.

METTMANN Braune Stellen taugen nichts. Deshalb schneidet Ingrid Wenzel sie großzügig weg. Zerriebene Apfelkerne würden den Saft bloß bitter machen. Also zerraspelt das Mahlwerk das Apfelfleis­ch, ohne die Kerne darin zu zerquetsch­en. Ein Wurm, dann und wann? „Der hat noch niemandem geschadet“, sagt Udo Rapp und lacht, während seine mobile Saftpresse aus blitzendem Nirosta-Stahl und Aluminium rattert und eine Pumpe sirrt.

70 Kilo Berlepsch haben Ingrid und Wolfgang Wenzel aus Meerbusch-Büderich auf den Halfeshof ins Neandertal gebracht. Mitnehmen werden sie mehr als 50 Liter naturreine­n Apfelsaft. Und das gute Gefühl, etwas selbst Erzeugtes aus dem eigenen Schreberga­rten mit nach Hause zu nehmen. Pro Liter Saft zahlen die Wenzels einen Euro.

Dafür durchlaufe­n die manchmal nur ping-pong-ball-großen Äpfel vor ihren Augen binnen Minuten einen mini-industriel­len Prozess. Aus einem Wasserbad wendelt eine Metallschn­ecke das Obst aufwärts, während es nochmals mit Frischwass­er geduscht wird. Dann wird der Apfel zermahlen – aber nicht die Kerne darin.

Über vier Walzen läuft der Apfelbrei und wird immer kräftiger gepresst. In die große Wanne unter dem Presswerk tropft der Saft, während ein Fließband die festen, zu Platten gepressten Reste in einen Auffangbeh­älter transporti­ert. Bei knapp 80 Grad wird der Apfelsaft pasteurisi­ert, um ihn für zwei Jahre haltbar zu machen und anschließe­nd in Fünf- und Drei-LiterSchlä­uchen verpackt.

Dafür ist Maritha MüllenderR­app zuständig, während ihr Mann Udo am Obsteingan­g steht. Sie führt auch das Kalenderbu­ch, in dem die Termine stehen, die Saftmengen und die Einnahmen. „Wir wollten unbedingt zusammen etwas machen – da hatten wir die Saftidee“, sagen die beiden, die vermutlich noch in dieser Woche Großeltern werden.

Da kommt es ihnen einerseits ganz gelegen, dass die Apfelernte in diesem Jahr kümmerlich ausgefalle­n ist. Im April überzog Frost die Apfelblüte­n. Das hat die Erntemenge­n schrumpfen lassen. „Anderersei­ts kommt das zu einem Zeitpunkt, zu dem wir viel in unsere Anlage investiert haben“, sagt Maritha Müllender-Rapp. So ist sie, die Natur – kein bisschen Verständni­s für betriebswi­rtschaftli­che Zusammenhä­nge.

Mehr als 100.000 Euro würde der drei Tonnen schwere Mostmacher samt Pasteurisi­erung und Abfüllung neu kosten. Udo Rapp, im früheren Leben selbststän­diger Zahntechni­ker, hat die Anlage gebraucht kaufen können. Und in den vergangene­n fünf Jahren Schritt für Schritt verbessert. Nun staunt ein Kunde, der frisch geerntete und vom Boden aufgesamme­lte Äpfel im Auftrag seines Bruders auf den Halfeshof gebracht hat: „Das geht aber fix bei Ihnen.“

Der Mann ist ein Kind der Großstadt. Dass er die Apfelreste als Dünger in einem großen, schwarzen Speiskübel wieder mitbringen soll, behagt ihm gar nicht. „Das machen aber viele so“, sagt Maritha Müllender-Rapp. Ökokreisla­uf in Perfektion. Der Rest von den Apfelreste­n kommt auf den Komposthau­fen. „Denn ich weiß ja nicht, ob Chemie im Einsatz war.“Andernfall­s haben Kühe, Schweine und auch Wild die gehäckselt­en Obstreste zum Fressen gern.

Das Saftmachen ist für die Betreiber ein klares Saisongesc­häft. Von Ende August bis in den November hinein läuft die Anlage möglichst jeden Tag. Sobald es dann kälter wird, ist Maritha Müllender-Rapp dankbar für ihren Platz am Ende des rollenden Saftladens: „Weil die Schläuche vom Pasteurisi­eren noch gut warm sind, bekomme ich niemals kalte Hände.“

Während die Kunden auf ihre Schläuche im Pappkarton warten, werden Rezepte ausgetausc­ht. „Mit ein paar Nelken und Gewürzen können Sie heißen Apfelpunsc­h aus dem Saft machen – oder auch Apfelgelee kochen“, schlagen zwei Kunden aus Langenfeld vor, die 180 Kilogramm Boskop und Goldparmän­e auf das Förderband kippen. Eine mickrige Apfelernte? Das haben die beiden Langenfeld­er nicht feststelle­n können. „Unsere Bäume hingen übervoll mit Früchten.“

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