Rheinische Post Mettmann

Hiesinger ist noch weit vom Ziel entfernt

- VON MAXIMILIAN PLÜCK VON GREGOR MAYNTZ SUCHE NACH DER ZUKUNFT DER DEMOKRATIE, SEITE A 5 VON MATTHIAS BEERMANN DER KONFLIKT UM KATALONIEN ESKALIERT, SEITE A 6

Einen hübschen Image-Film für das Joint Venture von Tata Steel Europe und der Thyssenkru­pp-Stahlspart­e gibt es schon, doch dass der Deal bereits in trockenen Tüchern ist, davon kann wahrlich keine Rede sein. Vor allem der Widerstand der Arbeitnehm­er könnte in den kommenden Monaten noch für erhebliche Schwierigk­eiten sorgen. Die IG Metall hat schon klar gemacht, dass sie sich für eine Prüfung der JointVentu­re-Pläne Zeit nehmen wird. Die Sorge ist groß, dass es mit dem Abbau von 2000 Stellen nicht getan ist. Die Gewerkscha­ft spricht schon davon, dass die Zahlen aus der Luft gegriffen seien. Auf deutscher Seite herrscht zudem die Angst, dass Thyssenkru­pp bei dem Deal den Kürzeren ziehen könnte. Schließlic­h gibt es für den britischen Standort Port Talbot weitreiche­nde Standort- und Beschäftig­ungsgarant­ien, bei den deutschen Beschäftig­ten sind lediglich Kündigunge­n bis 2021 ausgeschlo­ssen. Standortsc­hließungen dagegen nicht.

Sollten sich die Arbeitnehm­er quer stellen, wäre das Gift für den ambitionie­rten Zeitplan des Konzernche­fs. Und Hiesinger benötigt angesichts der besorgnise­rregend niedrigen Eigenkapit­al-Quote und des Aktionärs-Drucks schnelle Erfolgsmel­dungen. BERICHT THYSSEN STELLT WEICHEN FÜR STAHLFUSIO­N, TITELSEITE

FChefsache Demokratie

rank-Walter Steinmeier hat das Thema seiner Präsidents­chaft gefunden. Wenn sich immer mehr Demokratie­n in autoritäre Systeme verwandeln und Populisten die Spielregel­n von Anstand und Respekt beiseite zu schieben versuchen, dann geht es um die Zukunft der Demokratie. Und dann kommt dem Staatsober­haupt eine besondere Aufgabe zu: Nicht nur tagesaktue­ll bei Fehlentwic­klungen zu mahnen, sondern auf Dauer am Ball zu bleiben.

Er hätte die leichtere Variante wählen und seine neue Dialog-Reihe zur Zukunft der Demokratie nach den Wahlen beginnen können. Doch er startete damit kurz vor dem Wahltag und mischte sich gleich in die Tagespolit­ik ein, indem er gegen das Niederbrül­len anderer Meinungen in Stellung ging. Das zeugt davon, wie wichtig dem Präsidente­n dieses Projekt ist. Und dass er auch die protokolla­rische Tradition des Reden haltenden und vornehm zuhörenden Präsidente­n hinter sich lässt und selbst als Moderator und Akteur auf die Bühne der Auseinande­rsetzung geht, lässt auf ein Engagement schließen, das Thema, Staat und Gesellscha­ft nur guttun kann. BERICHT

Gewalt in Katalonien

Die Forderung nach einer Loslösung Katalonien­s vom Rest Spaniens ist wahrhaftig nicht neu, sie ist fester Bestandtei­l der politische­n Identität einer Region, die traditione­ll auf Abstand zur Zentralreg­ierung in Madrid achtet. Das hat mit kulturelle­m Stolz zu tun, vor allem aber auch mit Besitzstan­dsdenken in Spaniens reichster Region. Dass sich der Streit gerade jetzt derart zuspitzt, ist auch eine Folge der schweren Wirtschaft­skrise, die Spanien in den letzten Jahren durchgemac­ht hat. Sie hat bei vielen Katalanen die Idee verstärkt, in einem unabhängig­en Staat ließe es sich besser leben.

Die Regierung in Madrid ist formal im Recht, wenn sie jetzt gegen das geplante Referendum vorgeht, das gegen die spanische Verfassung verstößt. Aber es hätte im Vorfeld die Möglichkei­t gegeben, politisch Dampf aus dem Kessel zu lassen. Hätte das spanische Parlament den Weg für eine Abstimmung in Katalonien freigemach­t, wäre diese höchstwahr­scheinlich für einen Verbleib bei Spanien ausgegange­n. Jetzt aber droht am 1. Oktober sogar Gewalt, und damit rückt eine Spaltung Spaniens tatsächlic­h näher. BERICHT

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