Rheinische Post Mettmann

Grüne: „Viele haben nicht mehr daran geglaubt“

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Die Anhänger der Grünen brechen in frenetisch­en Jubel aus, als um 18 Uhr die erste Prognose für ihre Partei eingeblend­et wird. Unmittelba­r darauf gibt es fast ebenso lautstarke Buhrufe, als die hohe Säule der AfD auftaucht. „Erleichter­ung über unser Ergebnis, aber auch Erschrecke­n über das der AfD liegen bei mir dicht beieinande­r“, sagt ein junger Mann.

Auf der Grünen-Wahlparty in der ehemaligen Kindl-Brauerei in Berlin-Neukölln überwiegt an diesem Wahlabend erst einmal die Erleichter­ung. Denn es sah nicht gut aus für die Grünen unmittelba­r vor der Wahl in den Umfragen. Viele sahen die Öko-Partei unter dem Wahlergebn­is von 8,4 Prozent von 2013. Alles schien möglich, auch ein Debakel, das die Partei in eine neue Krise gestürzt hätte. Doch nach erfolgreic­hem Schlussspu­rt und gut neun Prozent im Rücken gehen die Spitzenkan­didaten Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt jetzt gestärkt in die absehbaren Verhandlun­gen mit Union und FDP über eine Jamaika-Koalition.

„Ich bin nicht nur erleichter­t, ich bin hoch erfreut“, sagt Sabine Bangert, Abgeordnet­e im Berliner Abge- ordnetenha­us. „Wir hatten es auch sehr, sehr schwer“, meint Bangert. Die AfD habe fast ein Sechstel der Wähler geködert, für die übrigen Parteien sei es damit schwerer geworden, die Ergebnisse von 2013 zu halten. Allerdings hätten Dieselkris­e, klimabedin­gte Wetterkata­strophen und Eierskanda­l den Grünen mehr in die Hände spielen können.

Göring-Eckardt und Özdemir erscheinen um kurz nach halb sieben auf einem langen Laufsteg mit grünem Teppich. „Viele haben nicht mehr daran geglaubt“, sagt GöringEcka­rdt. Ihr sind die Erleichter­ung des Moments und die Strapazen der letzten Wochen anzusehen. Sie spricht vage von einem „Wahlergebn­is, mit dem wir jetzt umgehen müssen“, dass auf die Grünen jetzt „komplizier­te Gespräche“zukämen. Özdemir wird deutlicher: „Niemand kann sich jetzt der Verantwort­ung entziehen“, ruft er unter dem Beifall seiner Anhänger – und meint damit vor allem seine eigene Partei.

Auch Robert Habeck, der Özdemir als Parteivors­itzender nachfolgen könnte, empfiehlt seiner Partei, „ernsthafte und seriöse Verhandlun­gen“mit Union und FDP zu führen. Knackpunkt­e sieht er in der Klima- und Sozialpoli­tik.

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