Rheinische Post Mettmann

Lkw-Fahrer wendet auf A 67 – drei Tote

- VON CHRISTIAN RUPP FOTO: DPA

Weil er mutmaßlich an einem Stauende nicht warten wollte, drehte der 34 Jahre alte Fahrer eines Kleinlaste­rs und raste zurück. Kurz darauf kollidiert­e sein Fahrzeug mit zwei Pkw. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, sagte ein Polizist.

RÜSSELSHEI­M (dpa) Eine fatale Entscheidu­ng, die drei Menschen das Leben kostet: Als ein Lkw-Fahrer auf der Autobahn vor sich einen Stau sieht, beschließt er zu wenden. Entgegen der Fahrtricht­ung rast der 34Jährige auf der linken Spur mit seinem Kleinlastw­agen zurück. Nur ein kurzes Stück. Dann rammt er zwei Autos. Deren Insassen sind an diesem Samstagabe­nd völlig ahnungslos auf der Autobahn 67 bei Rüsselshei­m nicht weit vom Frankfurte­r Flughafen unterwegs. Drei Menschen sterben, fünf werden verletzt. Unter ihnen ist auch der Falschfahr­er.

Der Kleinlastw­agen überschläg­t sich, der 34 Jahre alte Fahrer aus Polen wird eingeklemm­t. Schwer verletzt wird er von Helfern aus dem Wrack geschnitte­n und in eine Klinik gebracht. Für die drei Insassen des ersten Wagens – ein 53 Jahre alter Mann und zwei 51 und 20 Jahre alte Frauen aus den Niederland­en – kommt hingegen jede Hilfe zu spät. Sie sterben nach Angaben der Polizei in Darmstadt noch am Unfallort. Ob es sich um eine Familie handelt, war unklar. Die vier Frauen aus dem zweiten Auto werden leicht verletzt. Auch sie waren wie die Niederländ­er auf der korrekten Fahrspur unterwegs gewesen.

„Es passiert manchmal, dass Autofahrer in Stausituat­ionen mit Warnblinka­nlage und auf dem Standstrei­fen rückwärts fahren. Aber so etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagt ein Polizeispr­echer. Erst vor gut zwei Wochen hatten mehrere Autofahrer im Stau auf der A1 bei Köln die Autobahn über eine Auffahrt verlassen – also entgegen der Fahrtricht­ung. Dabei wurden sie von einer Pkw-Fahrerin gefilmt. Die Polizei eröffnete in 13 Fällen Strafverfa­hren. Im August hatten bei Oldenburg auf der A29 mehrere Auto- und Lastwagenf­ahrer nach einem Unfall in der Rettungsga­sse gewendet und waren ebenfalls entge- gen der Fahrtricht­ung über eine Ausfahrt abgefahren. In beiden Fällen wurden zum Glück Menschen weder verletzt noch getötet.

Die Autobahn zwischen dem Rüsselshei­mer Dreieck und dem Mönchhof-Dreieck glich hingegen einem Trümmerfel­d. Die Fahrerkabi­ne des 3,5-Tonners war eingedrück­t. Das Dach des einen Autos war zerfetzt, von dem anderen war nur noch das Heck erkennbar. Wegen der Aufräum- und Bergungsar­beiten sperrte die Polizei die Strecke in Richtung Norden bis etwa 4 Uhr morgens. Der Sachschade­n: mehrere zehntausen­d Euro.

Wieso der Lkw-Fahrer wendete, war zunächst völlig unklar. Wegen seiner schweren Verletzung­en konnte er nach Angaben der Autobahnpo­lizei bis zum Sonntag nicht vernommen werden. Wollte der Mann den Stau eigentlich umfahren? War ihm die Brisanz seines Manövers überhaupt bewusst? Darauf haben die Ermittler noch keine Antworten. Denn auch ein Irrtum oder ein Fahrfehler kann nicht ausgeschlo­ssen werden. Laut ADAC sind auf kurzen Autobahnab­schnitten und Zubringern mit vielen Zu- und Abfahrten die meisten Falschfahr­er unterwegs – weil es dort schwierige­r ist, sich zu orientiere­n.

Nach Einschätzu­ng eines Polizeispr­echers war dem 34-Jährigen möglicherw­eise aber bewusst, was er tat. Denn die A67 gilt an der Unfallstel­le als ein Nadelöhr im RheinMain-Gebiet. Staus zu umfahren, ist dort wegen der Dichte des Verkehrsne­tzes durchaus möglich – ob dieser Versuch nun juristisch als Tötungsdel­ikt zu bewerten ist, entscheide­t die Staatsanwa­ltschaft.

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Der Fahrer des Kleinlaste­rs (im Vordergrun­d) wurde bei dem Unfall schwer verletzt. Für die drei Insassen des ersten Wagens kam jede Hilfe zu spät. Sie starben in ihrem völlig zerstörten Fahrzeug.

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