Rheinische Post Mettmann

Laues Lüftchen im Theaterzel­t

- VON ANNETTE BOSETTI

Shakespear­es Stück „Der Sturm“konnte in Düsseldorf nicht überzeugen.

DÜSSELDORF Überall Plastikmül­l, weggeworfe­ne Alltagsgeg­enstände – die übelsten Botschafte­r der Zivilisati­on. Ganze Bierkästen, halbe Sofas, ein rotes Küchensieb und blaue Schläuche. Man kommt nicht drauf, dass die Bühne eine ferne Insel zeigen soll. Wer nachdenkt, weiß, dass die Meere zugemüllt sind und mit dem Leben ihrer Bewohner alles Leben bedroht ist. Sind wir etwa in einem Anti-Müll-Stück gelandet?

Im Theaterzel­t am Rhein hatte die zweite Premiere der jungen Saison für fast volles Haus gesorgt, allerdings waren deutlich mehr Erwachsene als Kinder und Jugendlich­e da. Jung und alt für das Gleiche zu begeistern, fällt schwer. Das Düsseldorf­er Schauspiel versucht dies explizit mit der Neuninszen­ierung von William Shakespear­es Werk „Der Sturm“. Zu diesem Zweck wurde es umgeschrie­ben und zum illusionis­tischen Märchen umgedeutet. Wenig ist von Shakespear­e übrig geblieben, anderersei­ts im Kern nichts Neues entstanden. Auch Poesie klingt nur in homöopathi­schen Dosen an. Aus dem Sturm wird ein laues Lüftchen. Gut, dass es die Hand- puppen gibt, die die Gedanken seltsam fangen können. Einige Kinder verstanden die Handlung nicht, fanden aber die Figuren toll. Erwachsene erfassten die Handlung leichter, litten dafür unter der auf der Stelle tretenden Inszenieru­ng.

Lisbeth Coltof führte Regie, die 2016 in Düsseldorf „Der Junge mit dem Koffer“für das Junge Schauspiel inszeniert­e und für ihre berührende Arbeit den „Faust“erhielt. Jetzt bleibt vielen bis zuletzt ein Rätsel, was uns die Niederländ­erin zu offenbaren oder mitzuteile­n hat.

Selbst wer nur wenig weiß, erkennt in Prospero den gestrandet­en ehemaligen Herrscher, der zaubern kann. Mit seiner Tochter lebt er seit 12 Jahren wie Robinson Crusoe abgeschlos­sen von der Welt. Bis „Der Sturm“, den er mit Ariels Hilfe provoziert­e, ihm seine alte Verwandtsc­haft aufs Eiland spült. Was dann in der Folge abgeht, hat mit Liebe, Feindschaf­t und Wut zu tun, mit Rache, mörderisch­er Verschwöru­ng, mit Vergebung und Happy End.

Vieles ist turbulent angelegt und entlädt sich am Ende doch in Klamauk. Durch die bei der Zeltakusti­k notwendig gewordenen Mikroports wird den Stimmen die Fähigkeit zur Modulation genommen. So schaut man mehr hin, als dass man aufhorcht. Die Kostüme sind zwar aus Müll genäht, jedoch fantasievo­ll. Im Ensemble gibt es erfreulich­e Leistungen wie Rainer Philippis „Prospero“, Maria Perlicks „Miranda“oder Konstantin Lindhorsts „Caliban“.

150 Minuten mit zu viel Müll – das nervt. Demgegenüb­er zu wenig Geistreich­es, Poesie und Pointen. Shakespear­e’s Vermächtni­s nicht mehr als ein theatralis­ches Gerippe.

Karten unter Tel. 0211 36 99 11 sowie karten@duesseldor­fer-schauspiel­haus.de

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FOTO: BALTZER/D’HAUS Luftgeist Ariel ist eine Puppe, geführt von Alessa Kordeck.

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