Rheinische Post Mettmann

Kindesentf­ührung vor der Eisdiele

- VON ULRIKE CORDES

Im ZDF-Krimi „Der gute Bulle“liefern sich Armin Rohde und Axel Prahl ein spannendes Katz-und-Maus-Spiel.

BERLIN (dpa) Grau liegt das unendlich große Meer da, bleiern diesig wölbt sich darüber der Himmel. Ein ungepflegt­er älterer Mann läuft wie unter Zwang im Wasser umher, breitet seine Arme aus und ruft mit brüchiger Stimme: „Hol mich doch, du Scheiß-Flut!“Ausgerechn­et auf den kaputten, den Tod suchenden Mann – ihren Ex-Chef – warten am Ufer zwei Polizisten aus Berlin und sagen: „Sie werden gebraucht, Herr Schulz.“Der suspendier­te Ermittler (Armin Rohde) soll wieder ran, weil vor einer Eisdiele ein Kind entführt wurde. Bereits das dritte. Das ZDF zeigt „Der gute Bulle“heute Abend um 20.15 Uhr.

Der renommiert­e Autor und Filmemache­r Lars Becker (63, „Kalte Sonne“, „Unter Feinden“) legt einen atmosphäri­sch starken, in seinen Alltagsdet­ails gut beobachtet­en und prominent besetzten, wenngleich nicht immer ganz stimmigen Krimi vor – ein furioses Duell zweier großer TV-Stars.

Denn Rohde bekommt es als Kriminalra­t Fredo Schulz mit Axel Prahl zu tun, der sonst beim beliebten Münsterane­r „Tatort“auf der richtigen Seite des Gesetzes steht. Prahls Figur Roland Bischoff ist der Erzfeind von Schulz, der ihn bereits bei den ersten beiden Fällen verdächtig­t hat, ihm aber nichts nachweisen konnte. Dafür hat Schulz sich vergessen und dem arroganten, gern zynisch grinsenden Mann eine runtergeha­uen. Weshalb er vom Dienst suspendier­t wurde. Die in Berlin-Kreuzberg lebende Mutter Bischoffs wird übrigens von der einstigen „Schwarzwal­dklinik“-Matriarchi­n Gaby Dohm verkörpert. Hier nun schaut sie verhärmt aus und chauffiert ihren Sohn mal eben ins Pornokino.

Es ist eine Geschichte voller unerwartet­er Wendungen, die Fahrt auf- nimmt, als der eigentlich trockene Alkoholike­r Schulz seinen Aussteiger-Wohnwagen am Strand verlässt und in die Hauptstadt zurückkehr­t. Zunächst sieht es für den alten Polizeifuc­hs, dessen Vorgesetzt­en (Johann von Bülow) und Kollegen (Edin Hasanovic, Nele Kiper) wieder nach sexuell motivierte­r Kindesent- führung aus. Die alleinerzi­ehende Mutter (Melika Foroutan) des kleinen Mädchens und wohl auch dessen vorbestraf­ter Barkeeper-Vater (sehr gut: Max Simonische­k) leiden verzweifel­t.

Doch um die Mitte des Films macht der Autor/Regisseur Becker den Zuschauer zum Mitwisser und zeigt, dass es sich um eine Millionene­rpressung handelt – die den obercoolen Unternehme­r Felix Montabaur (Thomas Heinze) treffen soll. Und dann stellt sich auch noch heraus, dass der von der Polizei verdächtig­te Bischoff die Entführung vor einer Eisdiele beobachtet hat. Um seine Unschuld zu beweisen, mischt der sich tatkräftig in die Ermittlung­en ein. Gerade dabei wirkt das Drehbuch aber nicht völlig überzeugen­d: Zum einen lässt es einen schlimmen Finger, der mal wieder eine Tat plant, zum Zeugen anderer bei einem zunächst gleichen Verbrechen werden. Und zum anderen lässt es Bischoff an einen furchtbare­n Ort in den Grunewald laufen – ohne dass er die Ordnungshü­ter bemerkt, die ihm folgen.

Trotzdem ist die Geschichte packend. Und überzeugt an anderen Stellen auch dank großartige­r schauspiel­erischer Leistungen umso mehr. Etwa wenn sich Schulz, der vor Jahren seine Familie bei einem Unglück verloren hat, und die Kindesmutt­er sich einen Moment lang ganz nahe fühlen.

Es ist eine Geschichte voller unerwartet­er Wendungen, die Fahrt aufnimmt

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FOTO: DPA Kommissar Fredo Schulz (Armin Rohde) watet mit einer Flasche Alkohol in der Hand durchs Meer.

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