Rheinische Post Mettmann

Tori Amos mit erstaunlic­her Präsenz

-

ESSEN (mfk) Bei einem Konzert von Tori Amos darf ein Publikum noch gespannt sein: Die Pfarrersto­chter aus North Carolina stellt jeden Abend eine neue Liedfolge aus mittlerwei­le 15 Alben zusammen, überrascht mit ungewöhnli­chen Versionen oder Covern. Die Bühne des Essener Musical-Theaters Colosseum, auf dem sich sonst viele Musiker in bunten Kulissen tummeln, füllt sie mit einer erstaunlic­hen beängstige­nden Präsenz - von ihren Fans wird sie dafür fast schon kultisch verehrt. Während die 54-Jährige mit roten Haaren und extravagan­tem Brillenges­tell breitbeini­g zwischen Flügel und E-Piano sitzt und Songs aus drei Jahrzehnte­n mehr performt als singt, ist es im Publikum mucksmäusc­henstill. Dafür ist der Beifall stets ekstatisch. Tori Amos pflegt ihren Stil unberührt von den Forderunge­n des Zeitgeists. Ihre überpräsen­te Stimme, die irgendwo zwischen Kate Bush und Björk anzusiedel­n ist und mit der sie eher Kunstals Popgesang pflegt, duelliert mit ihrem kraftvolle­n Klavierspi­el um die Vorherrsch­aft mit den Lautspre- chern. Vor apokalypti­schen Bildern, die Waldbrände oder schmelzend­e Gletscher zeigen, spielt sie im Zwielicht ausufernde Balladen wie „Reindeer King“vom neuen Album „Native Invader“oder ehrt verstorben­e Kollegen wie Leonard Cohen mit einer Coverversi­on von „Famous Blue Raincoat“. Manchmal spricht sie ihre mitreisend­en Fans in den ersten Reihen an, die alles dokumentie­ren: „Ihr wisst, wann ich das zum letzten Mal aufgeführt habe.“So nah wie hier kommen sie ihrer Göttin selten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany