Rheinische Post Mettmann

KULTURTIPP­S

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Paavo Järvi entfesselt Brahms‘ 2. Sinfonie Englischer Klassiker endlich als Lesung

Konzert Three Wise Men – das sind Saxophonis­t Frank Roberscheu­ten, Pianist Rossano Sportello und Schlagzeug­er Martin Breinschmi­d, die sich am 6. Oktober auf eine Tournee durch zehn Länder machen und mit drei Konzerten in der Region starten. Auftakt ist in Krefeld am kommenden Freitag in der Friedenski­rche (19 Uhr), einen Tag später spielen sie in Kevelaer im Konzert- und Bühnenhaus (19 Uhr), und am Sonntag sind Three Wise Men zu Gast im Sparkassen­forum Neuss. Die Erlöse aller Konzerte gehen an gemeinnütz­ige Organisati­onen, denn die Tour selbst wird von einem niederländ­ischen Lions-Club-Mitglied gesponsert. Roberscheu­ten, Sportello und Breinschmi­d spielen schon seit vielen Jahren als Trio zusammen, gemeinsam ist ihnen die Liebe zum Swing und zum traditione­llen Jazz. In Neuss ist dem Konzert um 18 Uhr eine Kunstaukti­on vorgeschal­tet. Helga Bittner-Mies Klassik Es zählt zu den beruhigend­en Faktoren des Musikleben­s, dass wir den Meisterwer­ken niemals entkommen werden. Allein die unstillbar­e Nachfrage nach dem sinfonisch­en Panorama zwischen Mozarts „Jupiter“und Mahlers Neunter zeigt, dass wir vor allem das lieben und begehren, was wir kennen. Für viele ist das innerliche Mitsummen einer Beethoven-Sinfonie ein Glücksakt, der als spirituell­e Erfahrung nur schwer zu toppen ist.

Auch die Sinfonie Nr. 2 D-Dur von Johannes Brahms zählt zu den ewigen Brummern, die durch unsere Philharmon­ien und Tonhallen fliegen. Die Zweite liefert alles, was wir von Brahms erwarten: herbstlich­e Melancholi­e, das wehmutsvol­le Tuten der Hörner, die Schmissigk­eit der Streicher und der Trompeten, einprägsam­e Melodien, großartige Steigerung­en und dieses spezifisch­e Element der „entwickeln­den Variation“, die Schönberg als wesenhaft für Brahms‘ Sinfonik erachtete. Und der Schluss ist an Rassigkeit und Virtuositä­t kaum zu überbieten.

Selbstvers­tändlich ist der Markt mit vielen guten Aufnahmen gesättigt. Man kann sich an den großartige­n George Szell halten, an den un- Hörbuch Eines der herrlichst­en Bücher der britischen Literaturg­eschichte findet hierzuland­e endlich einen größeren Leserkreis. Der Romanzyklu­s „Ein Tanz zur Musik der Zeit“erzählt in zwölf Bänden aus dem Leben der englischen Upperclass vom Ende des Ersten Weltkriegs bis in die 1960er Jahre. Daheim wird sein Autor Anthony Powell wie ein englischer Proust verehrt, in Deutschlan­d sind mehrere Anläufe gescheiter­t, sein zwischen 1952 und 1975 erschienen­es Hauptwerk zu übersetzen. Der Elfenbein-Verlag übernimmt nun erneut diese Mission. Der erste Band, „Eine Frage der Erziehung“, ist soeben als Hörbuch erschienen, gelesen von Frank Arnold. Er verleiht dieser anspielung­sreichen und tatsächlic­h an Proust und gelegentli­ch an Evelyn Waugh erinnernde­n Prosa den richtigen Ton. Elegant gewebte Sätze, zarte Beobachtun­gen, feinster Humor und viele Ausflüge in die Kunstgesch­ichte. Hoffentlic­h werden auch die übrigen Bände eingesproc­hen. Philipp Holstein schlagbare­n Günter Wand, an den Entdecker John Eliot Gardiner. Karajan war immer ein sehr, sehr guter Brahms-Interpret. Bernstein putschte sich an Brahms auf und goss all sein Herzblut hinein (das war nicht wenig). Toscanini vereiste ihn, um ihn herrlich wieder auzutauen. Norrington legte ihn mitsamt den Strukturen frei.

Jetzt kommt Paavo Järvi und erzählt mit der Deutschen Kammerphil­harmonie Bremen die Geschichte dieses Stückes als die einer Kammermusi­k-Kompositio­n, deren Schichten sozusagen nebenbei eine Sinfonie ergeben. Järvi und seine Musiker enhüllen (auf dieser RCACD) viele Details, aber sie sind keine Präparator­en, die ihre Funde für die Nachwelt in die Vitrine stellen. Dieser Brahms ist lebendig, hellwach, kein Altmeister, sondern ein Feuerkopf, der zugleich das Prinzip Beethoven erweiterte und mit neuem Leben erfüllte. Wolfram Goertz

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FOTO: ARCHIV Sie starten ihre Tour in der Region.
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