Rheinische Post Mettmann

Kalenderbl­att 2. Oktober 1952

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Die Verfasser des Grundgeset­zes hatten keine Zweifel gelassen: „Die Todesstraf­e ist abgeschaff­t“, heißt es in Artikel 102. Vier Worte, ohne Erläuterun­gen oder Einschränk­ungen. Eine Wiedereinf­ührung der Todesstraf­e war zu keinem Zeitpunkt vorgesehen. Doch nicht alle Volksvertr­eter im Bundestag waren damit einverstan­den. In der jungen Bundesrepu­blik mussten sich die Parlamenta­rier immer wieder mit Anträgen auseinande­rsetzen, die eine Wiedereinf­ührung der Todesstraf­e zum Thema hatten. Am 2. Oktober 1952 scheiterte einer der letzten dieser Versuche. Die Deutsche Partei, als Koalitions­partner von CDU, CSU und FDP an der Regierung unter Bundeskanz­ler Konrad Adenauer beteiligt, hatte die Aufhebung von Artikel 102 beantragt, einige Abgeordnet­e der Bayernpart­ei sowie der CSU hatten einen eigenen Antrag eingebrach­t, der Mord und Menschenra­ub als Ausnahme gelten lassen wollte. Die Parlamenta­rier setzten sich sehr ernsthaft mit dem Für und Wider der Todesstraf­e auseinande­r. FDP-Justizmini­ster Thomas Dehler (Foto) brachte – obwohl seine Fraktion in der Frage gespalten war – die Argumente der Gegner auf den Punkt: Der Abschrecku­ngscharakt­er der Todesstraf­e sei zweifelhaf­t, außerdem seien Justizirrt­ümer nicht ausgeschlo­ssen. Man überschrei­te, so Dehler, mit dem Zulassen der Todesstraf­e eine entscheide­nde Schwelle. Nach der Debatte wurde abgestimmt: Beide Anträge wurden abgewiesen.

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TEXT: JENI / FOTO: KURT ROHWEDDER / PICTURE-ALLIANCE / DPA

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