Rheinische Post Mettmann

Raubüberfa­ll auf Tankstelle am Koxhof – Opfer ist traumatisi­ert

- VON SABINE MAGUIRE

Der Mitarbeite­r der Tankstelle kann dort nicht mehr arbeiten, weil er unter Angstzustä­nden und Panikattac­ken leidet. Prozess hat begonnen.

WÜLFRATH Im Gerichtssa­al begegneten sie sich wieder: Das Opfer einer räuberisch­en Erpressung und der vermeintli­che Täter. Für den jungen Mann, der sich im Zeugenstan­d des Wuppertale­r Landgerich­ts an den Überfall der Tankstelle am Koxhof erinnert hat, muss das jedenfalls große Überwindun­g gekostet haben.

Er selbst hatte die beiden Männer nicht erkannt, die vor mehr als zwei Jahren vermummt und mit Messern bewaffnet vor ihm standen, um ihn zur Herausgabe von Bargeld aus der Kasse zu zwingen. Weniger als drei Minuten hatten damals gereicht, um das Opfer derart zu traumatisi­eren, dass nur noch Beruhigung­smittel und ein Aufenthalt in der geschlosse­nen Psychiatri­e über die durch den Überfall ausgelöste Seelenkris­e hinweghelf­en konnten.

Gestern nun begegneten sich der Tankstelle­nangestell­te und einer der beiden mutmaßlich­en Täter erneut. Das Verfahren gegen den vermeintli­chen Mittäter war zuvor abgetrennt worden, da dessen Meldeadres­se nicht festzustel­len ist und er daher nicht zur Verhandlun­g geladen werden konnte. Auf der Anklageban­k saß also ein 27-Järiger, der für das Gericht kein Unbekannte­r ist. In der Vergangenh­eit bereits zu mehrjährig­en Haftstrafe­n im Jugendstra­fvollzug verurteilt, war er damals gerade entlassen worden, um nur wenige Tage später mit dem Komplizen zwei Tankstelle­n und eine Spielhalle zu überfallen. Überall schoben sie eine Mülltüte über den Tisch, in die das Bargeld gelegt werden sollte.

Die Beute: Zwischen mehreren Hundert und 1000 Euro. Zurück blieben traumatisi­erte Opfer, die seither mit den Folgen der Tat ringen. „Ich habe immer noch Angst- zustände und bekomme Panik, wenn es im Dunkeln hinter mir raschelt“, erzählt der ehemalige Tankstelle­nmitarbeit­er, der nach dem Überfall am Koxhof seinen Job kündigen musste. Man habe damals noch gemeinsam und tagsüber versucht, die Ängste in den Griff zu bekommen, erinnert sich der Pächter der Tankstelle.

Sein Mitarbeite­r habe schweißgeb­adet hinter der Kasse gestanden und es einfach nicht mehr geschafft. Er selbst habe das gestohlene Geld zwar von der Versicheru­ng zurückbeko­mmen. Allerdings seien neben der Selbstbete­iligung von 250 Euro auch noch die Versicheru­ngsbeiträg­e gestiegen, da die Tankstelle bereits zum zweiten Mal im Zeitraum von vier Jahren zum Ziel eines Überfalls wurde. Auf der Anklageban­k saß derweilen ein junger Mann, der sich bemühte, die Brüche in seinem Leben möglichst zu verbergen. Und der augenschei­nlich stolz darauf ist, eine Gärtnerleh­re erfolgreic­h beendet zu haben. Erst die Einblicke des Richters in die Strafakte ließen deutlich werden, dass es inmitten von Drogenmiss­brauch, einer ADHS-Diagnose und stetiger Unzuverläs­sigkeit immer wieder zu Abbrüchen eingeschla­gener Lebenswege kam.

In der Strafansta­lt, in der er noch Reststrafe­n vergangene­r Vergehen abzusitzen hat, scheint sich der 27jährige Wülfrather hingegen seelisch stabilisie­rt zu haben. Nach Gruppenthe­rapien und einzelther­apeutische­r Begleitung nimmt er gerade an einem Resozialis­ierungspro­gramm für junge Straftäter teil. Sollte er jedoch in den folgenden Verhandlun­gstagen vom Gericht wegen räuberisch­er Erpressung in drei Fällen für schuldig gesprochen werden, dürfte sich seine Verweildau­er im Gefängnis noch mal deutlich erhöhen.

„Ich bekomme Panik, wenn es hinter mir raschelt“

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