Gezerre um Posten bei der SPD
Die Sozialdemokraten haben sich nach der Bundestagswahl klar für die Opposition entschieden. Damit können in der Partei
deutlich weniger attraktive Jobs vergeben werden.
BERLIN So wie in manchen Familien gefragt wird: Wer nimmt Weihnachten Vati? So fragt sich die SPD gerade: Was machen wir mit Sigmar? Bei der Verteilung der wenigen wichtigen Posten in der Opposition ist Noch-Außenminister Sigmar Gabriel bisher leer ausgegangen. Wer Gabriel kennt, weiß, dass das für ihn nicht bedeutet, sich in Zukunft auch zurückzunehmen. Im Gegenteil: In der Fraktion fürchtet man eher, dass er in seiner impulsiven Art, Politik zu machen und zu kommentieren, für Unruhe sorgen könnte.
Als möglicher Versorgungsposten für Gabriel ist die Führung der SPDnahen Friedrich-Ebert-Stiftung im Gespräch. Derzeit hat der frühere rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck noch den Vorsitz inne. Ob er bereit wäre, für Gabriel Platz zu machen, ist ungewiss. Aus Sicht der Verantwortlichen in Partei und Fraktion hätte ein solcher Job für Gabriel den Vorteil, dass er dort frei agieren könnte, ohne im Tagesgeschäft für Aufruhr zu sorgen. Das Personalkarussell dreht sich ohnehin noch: Die klare Entscheidung der Sozialdemokraten, nach ihrem historisch schlechten Wahlergebnis in die Opposition zu gehen, hat die Unruhe in der Partei nicht beseitigen können. Die Entscheidungen über die zentralen Jobs, die in diesen Wochen bis zum Parteitag Anfang Dezember in Berlin fallen, werden ausschlaggebend für die Neuaufstellung der Partei bis 2021 sein. Ohne, dass offen darüber geredet würde, geht es auch schon um eine Weichenstellung für die Kanzlerkandidatur in vier Jahren.
Den für eine Opposition zentralen Posten des Fraktionschefs konnte sich Andrea Nahles zum Unmut des rechten Parteiflügels drei Tage nach der Bundestagswahl sichern. Damit ist klar, dass sie die Neuausrichtung der SPD stark mitbestimmen wird. Mehr noch als Oppositionsführerin im Bundestag wird sie die Wahrnehmung der Partei nach außen prägen.
Was an der Parteispitze passiert, kann Nahles nur bedingt beeinflussen. Auch vom Ausgang der Niedersachsen-Wahl hängt ab, ob sich Martin Schulz als Parteichef halten kann. An der Basis ist der Mann, der vor wenigen Monaten mit 100 Prozent zum Parteichef gewählt wurde, immer noch beliebt. Doch sollte auch Niedersachsen für die Sozialdemokraten verloren gehen, dürfte der Druck der Funktionäre auf einen Wechsel an der Spitze wachsen.
Für eine Ablösung von Schulz gibt es verschiedene Szenarien. Die Ambitionen der Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, sind bekannt. Allerdings hat sie es ausgeschlossen, bereits beim Parteitag im Dezember anzutreten. Für sie wäre es günstig, wenn sich Schulz noch eine Weile im Amt halten könnte und sie sich dann 2019 zur Parteichefin wählen lassen könnte. Traditionell hätte sie damit auch den ersten Zugriff auf die Kanzlerkandidatur. Nach Infor- mationen unserer Redaktion gab es am Wahlabend auch führende Genossen, die Schwesig gleich zur Parteichefin machen wollten. Schwesig selbst hat das aber nicht betrieben.
Nahles und Schwesig haben ein nicht ganz einfaches Verhältnis. Während ihrer Zeit als Bundesministerinnen gab es zwischen dem Familien- und dem Arbeitsressort immer wieder Reibereien. Schwesig gilt als nicht zuverlässig bei Absprachen.
Im zweiten Szenario kommt der Erste Bürgermeister von Hamburg, Olaf Scholz, ins Spiel. Sollte Schulz nach einer verlorenen Niedersachsen-Wahl aufgeben, könnte Scholz im Dezember Parteichef werden.