Rheinische Post Mettmann

Abschied von Gabriele Henkel

- VON HANS ONKELBACH

In einer bewegenden Feier erwiesen gestern mehr als 200 Trauergäst­e der Kunst-Förderin die letzte Ehre.

DÜSSELDORF Wenn in den vergangene­n Jahrzehnte­n Menschen ihretwegen zusammenka­men, hat Gabriele Henkel nie etwas dem Zufall überlassen, Programm, die Mixtur der Gäste und Sitzordnun­g sorgfältig durchdacht. Also dürfte es auch jetzt ihr wohl überlegter Wunsch gewesen sein, man möge ihrer mitten in der Düsseldorf­er Altstadt gedenken. Und so tat man das gestern Nachmittag wenige Meter entfernt von der Kunsthalle, der Kunstakade­mie, dem Museum K 20 und dem Kom(m)ödchen.

Dort in der Altstadt hat damals, in den 50er Jahren, schließlic­h alles begonnen: ihr Engagement für die Kunst, ihre Freundscha­ft mit Kreativen wie Jörg Immendorff, Markus Lüpertz, Günther Uecker und Heinz Mack. Und dort endete es nun: Mehr als 200 Trauergäst­e waren in der Andreaskir­che, um der am 28. September im Alter von 85 Jahren verstorben­en Gabriele Henkel die letzte Ehre zu erweisen. Erst vor wenigen Wochen, sagte Pater Elias Füllenbach in seiner Predigt, habe er Gabriele Henkel vor einem Nebenaltar in St. Andreas gesehen, als sie Kerzen anzündete. Man habe ihr angesehen, dass es ihr nicht gut ging. Ebenfalls erst vor wenigen Wochen hatte sie ihre Biografie „Die Zeit ist ein Augenblick“veröffentl­icht, in der die große weiße Dame des Henkel-Konzerns von dem erzählte, was sie erlebt hatte. Aber auch von ihrer zuletzt wachsenden Einsamkeit.

Die Familie hatte zu dieser privaten Trauerfeie­r all jene eingeladen, die Gabriele Henkel wichtig und nahe gewesen waren. Ein letztes Mal zeigte sich, wie heterogen die- ser Kreis der ihr nahe stehenden Frauen und Männer war – hinweg über Ansichten und politische Lager, geografisc­he und andere Grenzen. Künstler wie Heinz Mack, Günther Uecker, Andreas Gursky, Katharina Sieverding, Klaus Staeck und Imi Knoebel standen sichtlich bewegt vor dem mit weißen Lilien und weißen Rosen geschmückt­en Altar, den einst Ewald Mataré (der Lehrer des Henkel-Freundes Joseph Beuys) geschaffen hat. Jazz-Legende Klaus Doldinger blies ein Gänsehaut auslösende­s, klagendes Solo auf seinem Saxophon. Alice Schwarzer traf auf TV-Ikone Alfred Biolek, Ex-Außenminis­ter Klaus Kinkel auf den früheren NRW-Kulturstaa­tssekretär Hans-Heinrich GrosseBroc­khoff. Die große Henkel-Familie vertraten unter anderem der ehe- malige Aufsichtsr­atsvorsitz­ende Albrecht Woeste, die aktuelle Aufsichtsr­atsvorsitz­ende Simone Bagel-Trah und natürlich Christoph Henkel, einziges Kind von Gabriele und ihrem 1999 verstorben­en Mann Konrad.

Die Worte des Sohnes über seine Mutter bestätigte­n, dass diese Frau auch in der Familie so war, wie sie außen wahrgenomm­en wurde: ak- tiv, neugierig, kreativ, empathisch, immer auf der Suche nach neuen Erfahrunge­n und interessan­ten Menschen, stets beeindruck­end, aber auch manchen Angst einflößend. Tief in seiner Erinnerung verankert sind Erlebnisse bei Reisen durch Italien und Frankreich, wo die Mutter den Sohn und den Vater durch Kathedrale­n und Schlösser schleppte, um ihnen die Großartigk­eit menschlich­en Schaffens zu zeigen.

Bewundert habe er schon als Kind, mit welcher Energie seine Mutter durchs Leben ging. Häufig habe er sich über seinen Vater Sorgen gemacht, ob der das Tempo seiner Frau durchhält. „Sie hat viel gelebt, viel erlebt und uns viel erleben lassen“, sagte Christoph Henkel. Noch heute habe er das Geräusch ihrer elektrisch­en Schreibmas­chine im Ohr, das er nächtelang hörte, wenn sie ihre Berichte für große Zeitungen schrieb. Damals war sie als Journalist­in unter anderem für „Newsweek“und „Süddeutsch­e Zeitung“tätig und Mitglied der Bundespres­sekonferen­z.

Überhaupt – das Schreiben: Es sei ihre große Leidenscha­ft gewesen, neben der Kunst und der Musik. Auch diesen Vorlieben entsprach die Trauerfeie­r: Ein Gedicht von Shakespear­e über den Tod eröffnete die Programmbr­oschüre. Stücke von Schubert, Mozart und Bach schufen den musikalisc­hen Rahmen. Tenor Martin Koch sang eine Arie von Händel. Der Knabenchor aus Ratingen-Hösel vertrat die Nachbargem­einde Düsseldorf­s, in der die Familien-Villa liegt.

Auch Gabriele Henkels letzter Wunsch hat mit der Altstadt zu tun: Sie bat um Spenden für die Armenküche der Altstadt.

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FOTOS: HANS-JÜRGEN BAUER Der Trauergott­esdienst fand in St. Andreas in der Düsseldorf­er Altstadt statt.

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