Rheinische Post Mettmann

Anfang jetzt, Ende offen

- VON KLAS LIBUDA

Nur alle paar Jahre bringt das „Kom(m)ödchen“-Ensemble ein neues Stück auf die Bühne. Am kommenden Donnerstag feiert nun eine neue Produktion Uraufführu­ng. Es geht um: „Irgendwas mit Menschen“.

Im letzten Stück machten sie diesen Witz, es ging um Schulen und die schlechte Ausstattun­g, und Martin Maier-Bode sagte dann: „Die haben da noch einen Globus, der ist eine Scheibe.“Ob nun rund, eckig oder flach wie eine Pizza, irgendwann hatte sich diese Welt dann aber sehr schnell weitergedr­eht, der Gag zog immer noch, aber das Stück nicht mehr.

„Deutschlan­d gucken“heißt es, und ein Dauerbrenn­er war es: 378 Aufführung­en in drei Jahren, meist mit Maximal-Auslastung; hinzukomme­n 91 Gastspiele und mehr als 100.000 Zuschauer. Riesenhit also, aber nicht mehr ganz taufrisch. „Als wir angefangen haben, war die Maut das große Thema“, sagt Ensemble-Mitglied MaierBode, und damit ist eigentlich alles gesagt. Über die Maut spricht niemand mehr, außer Martin Schulz beim TV-Duell – vielleicht war das sein Versuch, „Deutschlan­d gucken“zu retten. Geholfen hat es nicht. Weder Schulz noch dem Stück.

Obwohl es zum Wesenskern der Produktion gehörte, dass sie ständig aktualisie­rt wurde, war irgendwann doch einfach gut. Man hätte „Deutschlan­d gucken“runderneue­rn müssen, sagt Maier-Bode. Zwar ist Theater-Chef Kay Lorentz zufolge nicht ausgeschlo­ssen, dass sie es noch mal anpassen, vielleicht schon zur Fußballwel­tmeistersc­haft 2018. Ende September aber fiel bis auf Weiteres der Vorhang. Das „Kom(m)ödchen“machte Platz für etwas Neues auf dem Spielplan: „Irgendwas mit Menschen“heißt die Produktion, die am kommenden Donnerstag Premiere feiert und allein im Oktober ein Dutzend Mal gespielt wird.

Treffen sich vier Elternteil­e in der Schule, eine Mutter und drei Väter – das klingt wie der Anfang eines Witzes, und so kommt es in dem neuen Stück auch. Daniel Graf und Heiko Seidel, Maike Kühl und Martin Maier-Bode, die Stammspiel­er aus „Deutschlan­d gucken“, geben die grundunter­schiedlich­en Erwachsene­n, die eine Rede für die Abi-Feier ihrer Kinder schreiben wollen. Es soll um die großen Zukunftsfr­agen gehen, und natürlich haben die Protagonis­ten darüber recht „kontrovers­e Vorstellun­gen“. So sagt das Hans Holzbecher, der kluge Hausregiss­eur des „Kom(m)ödchens“, der neben „Deutschlan­d gucken“auch die übrigen Vorgängers­tücke auf die Bühne brachte, die, weil der Dreiklang so schön ist, noch einmal genannt werden sollen: „Couch“, „Sushi“und „Freaks“. Sie alle stehen seit Jahren auf dem TheaterSpi­elplan.

Man muss das Ensemble gar nicht auf der Bühne sehen, wie es dort bei den Proben in einer Klassenzim­mer-Kulisse über die Bildungspo­litik feixt, um zu verstehen, was Holzbecher meint. Es reicht schon, sie im kahlen Foyer in ihren Kostümen zu begutachte­n, und man ahnt, dass es ordentlich knallen wird. Im postfaktis­chen Zeitalter sollen auch auf der Bühne die Welten auseinande­rgehen. Martin Maier-Bode trägt Cordjacke mit Anstecker und gibt, logisch, den friedensbe­wegten Ökostrom-Lehrer-Typen. Heiko Seidel – besticktes Poloshirt – spielt einen Autohausbe­sitzer und ist rechts abgebogen. Maike Kühl gibt die Helikopter-Kontrollfr­eak-Mutter mit Mode-Brille. „Frauen halten die Welt zusammen“, sagt sie später bei der Probe. „Loki Schmidt, Hannelore Kohl, Melania Trump, ich – eine Linie.“Daniel Graf spielt einen Nils und ist nie erwachsen geworden – Langarm-T-Shirt. Natürlich sind diese Figuren überzeichn­et, so läuft das nun mal. Hans Holzbecher nennt sein Bühnenpers­onal die „Personifiz­ierung kabarettis­tischer Inhalte“.

Vor allem Heiko Seidels Frank, so heißt seine Figur, meint einen hier und da gleich an den Schmierlap­pen Bodo zu erinnern, den er in „Deutschlan­d gucken“gab. Die Rolle ist wieder maßgeschne­idert. „Wir haben den Luxus, dass uns die Autoren kennen“, sagt Daniel Graf. Da hätten sie’s leichter als manches Schauspiel. „Schiller kannst du nicht mehr fragen, ob er die Rolle anpassen kann.“

Geschriebe­n hat an „Irgendwas mit Menschen“wieder ein Trio – Dietmar Jacobs, Christian Ehring, Martin Maier-Bode – bearbeitet, geschliffe­n und überarbeit­et wurde der Text ein Dreivierte­ljahr. Wieder wird es Blöcke geben, die sich Aktuellem widmen, diese sollen aber konzentrie­rter werden. „Der Grundkonfl­ikt kann länger tragen“, sagt Maier-Bode. Dass sie mit dem Stück nun ausgerechn­et nach der Bundestags­wahl herauskomm­en, sei keine Absicht, sagt „Kom(m)ödchen“-Leiter Lorentz. Die Wahl sei eigentlich egal. Das Haus wolle sich nicht so sehr am tagespolit­ischen Geschehen orientiere­n. „Wir versuchen, einem Zeitgeist nachzuspür­en.“

Ab nächster Woche wird sich zeigen, ob das gelingt, und auch, ob das Stück an frühere Erfolge anknüpfen und die Jahre überdauern kann. Bis Mai reicht der aktuelle Spielplan und solange steht „Irgendwas mit Menschen“jedenfalls auf dem Programm. Dann mal sehen. Anfang jetzt. Ende offen.

 ?? FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Martin Maier-Bode, Heiko Seidel, Maike Kühl und Daniel Graf (v.l.) auf der „Kom(m)ödchen“-Bühne. Das Ensemble probt zurzeit sein neues Stück „Irgendwas mit Menschen“, nächste Woche ist Premiere.
FOTO: ANDREAS BRETZ Martin Maier-Bode, Heiko Seidel, Maike Kühl und Daniel Graf (v.l.) auf der „Kom(m)ödchen“-Bühne. Das Ensemble probt zurzeit sein neues Stück „Irgendwas mit Menschen“, nächste Woche ist Premiere.
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