Rheinische Post Mettmann

Köln spielt auf

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wärts“ist bereits die dritte Auftragsar­beit von Ibrahim Amir für das Schauspiel Köln; Bachmann wird es selbst auf die Bühne bringen.

Zuvor zeigt der Intendant noch seinen „Wilhelm Tell“(Premiere: 10. November) in Zusammenar­beit mit dem Theater Basel, das er zuvor geleitet hat – sicher auch in Köln ein Selbstläuf­er. Bachmann holt ebenfalls seine Inszenieru­ng von Elfriede Jelineks „Winterreis­e“von der Wiener Burg nach Köln – zu sehen ab April 2018.

Weitere bekannte Namen versammelt Bachmanns engagierte­r Spielplan: So wird Armin Petras nach langer Abwesenhei­t mal wieder in Köln inszeniere­n. Er bringt mit „Die Weber“von Gerhart Hauptmann einen Klassiker auf die Bühne. Nuran David Calis inszeniert eine von ihm selbst geschriebe­ne Bühnenfass­ung von Philipp Winklers rauem Coming-of-AgeRoman „Hool“. Freuen kann man sich schon auf Woody Allens versponnen­es Stück „Gott“, das Hausregiss­eur Moritz Sostmann inszeniert. Die Uraufführu­ng von Sybille Bergs „Wonderland Ave.“in der Regie von Ersan Mondtag beschließt im Juni die Spielzeit.

Mit einem allerdings etwas oberflächl­ichen „Peer Gynt“hatte Bachmann die Saison eröffnet. Der Sinnsucher ist bei ihm ein prolliger Jedermann mit blonder Vokuhila-Frisur (Jörg Ratjen). Wie in einer schrillen Nummernrev­ue lässt der Inten- dant den Titelhelde­n auf allerlei skurrile Figuren und Situatione­n treffen, setzt mehr auf Bebilderun­g als auf philosophi­sche Tiefe. Die existenzie­lle Not der Figur lässt einen in dem mit drei Stunden (ohne Pause) langen Abend kalt. Schwarze Wände begrenzen die Bühne auf einen schmalen Rand an der Rampe. Dort tummeln sich die Figuren und müssen meist frontal ins Publikum sprechen, was auf Dauer etwas ermüdet. Erst später entpuppt sich die gebogene Wand als Drehbühne, die sich öffnet. Was für eine Wohltat! Die allerdings bleibt dem Publikum nur in wenigen Szenen vergönnt. Dann nämlich ist die Welt eine schräge, unheimlich glänzende Scheibe, auf der die Figuren sich behaupten müssen, um nicht herun- terzupurze­ln. Hier entstehen einige poetische Szenen, unterstütz­t von der Musik (Sven Kaiser), die trotz karger Bühne Atmosphäre entstehen lässt. Sie zaubert durch Klänge, aber auch durch Songs unaufdring­lich immer neue Stimmungen.

„Zum Teufel mit den Weibern“, sagt Peer Gynt. Das hat Stefan Bachmann wörtlich genommen und alle Rollen mit Männern besetzt, was sein Stationend­rama noch mehr zur grotesken Maskerade macht. Mutter Aase (Marek Harloff) ist eine resolute Lockenwick­lerträgeri­n, gehüllt in einen gestrickte­n Albtraum in Rot-Grün. Ist Peer Gynts Leben doch nur ein bunter Fiebertrau­m? Die Grenzen zwischen Realität und Hirngespin­st sind fließend.

„Geh außenrum“, diesen Rat nimmt Peer Gynt wörtlich. Seine Suche treibt den Taugenicht­s zunächst ins Reich der grünen Trolle, wo große Penisse und niedere Instinkte regieren und er fast die Trollprinz­essin (Max Mayer) heiratet. Kurz bevor der Deal mit dem König (Niklas Kohrt) zustande kommt, nimmt Peer Gynt Reißaus, flüchtet nach Afrika, später nach Amerika, wo er als Sklavenhal­ter Karriere macht, landet im Irrenhaus von Kairo und findet erst am Ende wieder nach Hause – jedoch nicht zu sich selbst. Da sitzt er dann, wie ein alter Johnny Cash in Strickmant­el und Cowboyhut. Weise ist er dadurch noch lange nicht. Und bei sich angekommen auch nicht.

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FOTO: THOMAS HETZEL Szene aus „Peer Gynt“mit Jörg Ratjen (links) und Peter Miklusz (rechts).

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