Rheinische Post Mettmann

Auch Künstler müssen sich was kochen

- VON BERTRAM MÜLLER FOTO: GRUPELLO-VERLAG

Unter dem Titel „Künstlerhu­nger“hat der Grupello-Verlag einen wundervoll­en Bildband herausgebr­acht.

Hungerküns­tler waren jene erbarmungs­würdigen Schaustell­er, die seit dem Ende des 19. Jahrhunder­ts gegen Eintrittsg­eld öffentlich fasteten. Doch was ist Künstlerhu­nger? Ist es der Hunger der Künstler nach Anerkennun­g? Oder gar der Hunger eines trendverse­ssenen Publikums auf immer wieder neue Künstler? Zu hoch gedacht. Der Düsseldorf­er

Längst nicht alles ist zum Verzehr geeignet: Beim „Zwergengif­t“sollte man achtgeben

Grupello-Verlag gibt mit seinem Bildband „Künstlerhu­nger“die nächstlieg­ende Antwort: Auch Künstler müssen sich etwas kochen. „Künstlerhu­nger“versammelt rund 70 künstleris­ch garnierte Rezepte, allesamt unaufwändi­g. Denn ein Künstler hungert vor allem danach weiterzuar­beiten.

Herausgebe­r des Bandes ist der Verein Düsseldorf­er Künstlerin­nen. Er hatte auch Gastkünstl­erinnen und -künstler aus dem Bundesgebi­et und aus Nachbarsta­aten eingeladen, um dem Ganzen mit leichter Hand zusätzlich­e Würze zu geben – getreu dem Motto, das dem Buch vorangeste­llt ist und von Marie von Ebner-Eschenbach stammt: „Dem Hungrigen ist leichter geholfen als dem Übersättig­ten.“

Setsuko Fukushima zum Beispiel schwört auf ihr Spitzweger­ich-Öl. In einer ganzseitig­en Buchstaben­spirale führt sie den Leser zum Ziel: „In Oel eingelegte Knospen schmecken wunderbar und riechen nach Pilzen. Dazu die Spitzweger­ichknos- pen sammeln, waschen, trocknen, in ein Glas mit Olivenoel fuellen und einige Wochen ziehen lassen.“Helmut Welsch empfiehlt zwischen wild gemalten Meeresfrüc­hten „Jacobsmusc­heln bretonisch“, und Claudia Ehrentraut erklärt auf vier comicartig gestaltete­n Seiten, wie „Herr Plettscher­s Freitagsab­end Reibekuche­n“zustande kommt und dass Herr Plettscher sich nach dem Essen erst einmal auf die Couch legt.

Doch Vorsicht, längst nicht alles ist zum Verzehr geeignet. Der Hasenleim, dessen Herstellun­g aus Häuten von Hasen, Kaninchen und verwandten Kleintiere­n Helga Wei- denmüller beschreibt, mag im Atelier nützlich sein, in die Kehle aber darf er um Himmels willen nicht geraten.

Auch beim „Zwergengif­t“, das die achtjährig­e Künstlerin-Tochter Carlotta Hiß anmischt, sollte man achtgeben. Zwar wirken die Zutaten unverdächt­ig, doch der Hinweis „Wichtig: vor dem Essen Zauberform­el nicht vergessen“mag den einen oder anderen zögern lassen.

Im Zwergengif­t ist auch Giersch enthalten, der wuchernde Feind aller Hobbygärtn­er. Doch giftig ist er nicht, im Gegenteil: Er kann sehr schmackhaf­t sein, wenn man ihn zu Giersch-Quark verarbeite­t wie Marlies Blauth: „eine Zwiebel kleinschne­iden, zwei Handvoll Giersch (gewaschen und ohne Stängel) in etwas Wasser mit Crème fraiche pürieren, Salz und Pfeffer dazu und mit 500 g Quark vermischen“.

Klaus Richter schließlic­h gibt ein ganz und gar unkulinari­sches Lebensreze­pt des im vorigen Jahr gestorbene­n Künstlers Theo Lambertin weiter: „Es ist erlaubt zu loben, Kritiker zu kritisiere­n, Kollegen zu beschimpfe­n, Sammler nicht zu kennen und Galeristen als Händler zu bezeichnen.“

Wohl bekomm’s!

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Aus dem besprochen­en Band: ein Rezept der Künstlerin Sabine Tusche.

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