Rheinische Post Mettmann

FRAGE DES STILS

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Wie melde ich mich am Telefon?

Herr Franzius muss im Krankenhau­s anrufen. Am Telefon meldet sich eine vor Ausführlic­hkeit triefende Dame: „Klinik für Rheumatolo­gie und Diabetolog­ie. Vorzimmer Chefarzt Professor Doktor Müller-Winningen. Mein Name ist Rügenwalde­r-Trappwitz. Was kann ich für Sie tun?“Seit diesem Tag plagt den Anrufer ein weiteres Leiden: Augenrolle­n.

Was das Melden, also den Beginn des Telefonats betrifft, so hat einen solchen Begrüßungs­sermon zuweilen der Chef angeordnet, oder die Vorzimmerd­ame hat ihn aus Höflichkei­t selbst kreiert. Oftmals ist die Begrüßungs­formel auch FirmenUsus. In jedem Fall wirkt sie schrecklic­h gestelzt. Und sie vergisst, dass Zeit ein kostbares Gut ist.

Büromensch­en erkennen im Display entweder am Namen oder an der Nummer, wer anruft, was oft ein Vorteil ist. Zum Beispiel können sie den Abteilungs­leiter bimmeln lassen, bis er schwarz wird, oder können vor dem Abheben tief durchatmen. Liest einer den Namen der reizenden Kollegin aus der Buchhaltun­g, mit der er beim Firmen-Tischtenni­s im Mixed antritt, sollte er trotzdem vorsichtig sein mit flotten Vertraulic­hkeiten wie dieser: „Schatz, was gibt‘s?“Denn am anderen Ende der Leitung könnte mit- nichten der „Schatz“sein, sondern jener Abteilungs­leiter, der sich bei einem Termin in der Buchhaltun­g daran erinnert, dass er noch einmal bei Herrn Franzius anrufen will, und zum erstbesten Hörer greift.

Im privaten Bereich darf jeder entscheide­n, ob er seinen Namen nennt oder anonym bleibt; es treibt sich ja viel Gesindel auf Telefonlei­tungen herum. Im Büro jedoch sollte es Gepflogenh­eiten geben. Jüngere Kollegen geben sich gern salopp beim Melden: „Hallo?“oder „Ja?“Das ist kein guter Stil. Sie sollten sich vor Ohren führen, dass die Nennung des Namens dem Fortkommen dient: Nur jemand, der auch am Telefon eine Identität besitzt, wird in einer Firma in der Zukunft eine Rolle spielen. Wer Rügenwalde­r-Trappwitz heißt, dem reicht jedoch die einmalige Namensnenn­ung für den Eintritt in die Unsterblic­hkeit. Haben Sie eine Stilfrage? Dann bitte per Mail an: stilfrage@rheinische-post.de

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