Rheinische Post Mettmann

Borussia hat mehr zu verlieren als Fortuna

- VON ROBERT PETERS

Die Niederrhei­n-Derbys zwischen Düsseldorf und Mönchengla­dbach hatten schon immer ihren ganz eigenen Reiz – auch in Zeiten, als die Fußballwel­t noch eine andere war als heute.

DÜSSELDORF Eigentlich wollte Berti Vogts ja viel lieber zur Fortuna. Damals, als der spätere Weltmeiste­r noch in der Jugend-Nationalma­nnschaft spielte. Borussia Mönchengla­dbach war in den frühen 1960ern fußballeri­sch noch im Werden, und Vogts schaute als Büttgener natürlich in die große Stadt am Rhein. „Als Junge bin ich mit der FortunaFah­ne ins Rheinstadi­on gefahren“, sagt er.

Auf die Idee, zur Borussia zu gehen, brachte ihn der Jugendausw­ahltrainer Dettmar Cramer. Er ahnte, dass in Mönchengla­dbach mit jungen Leuten, die Vogts aus den DFB-Nachwuchst­eams kannte, und dem Trainer Hennes Weisweiler etwas heranwachs­en würde.

Cramer lag richtig. Während die Fortuna zunächst mal eine Mannschaft zwischen den Ligen war und sich viel später als der kleine Nachbar vom Niederrhei­n in der Bundesliga etablierte, wurde der Provinzver­ein Borussia Mönchengla­dbach zu einer internatio­nalen Größe.

Dennoch hatten beide Klubs ihre Glanzzeit in den 1970er Jahren. Die Gladbacher Fohlen mit Vogts, Net- zer und Heynckes galoppiert­en zu Meistersch­aften und zu internatio­nalen Titeln. Die Fortuna mischte mit Zewe, Köhnen und den AllofsBrüd­ern an der Spitze der Bundesliga mit, und sie gewann zweimal den DFB-Pokal.

Die Gladbacher mussten irgendwann ihren Dauerrival­en Bayern München ziehen lassen, Ende der 90er wurden sie sogar zu einer Art Fahrstuhlm­annschaft zwischen erster und zweiter Liga. Die Fortuna stürzte sogar bis in die vierte Liga. Borussia hat sich aus dem tiefen Tal immerhin wieder in den Europapoka­l gekämpft, und sie gehört zu den ambitionie­rten Klubs der ersten Liga. Fortuna klopft vielleicht mal wieder ans Tor zur Bundesliga.

Es gibt wahrschein­lich keinen besseren Zeitpunkt für ein Pflichtspi­el zwischen den beiden größten Vereinen am Niederrhei­n. Und die Tatsache, dass der Außenseite­r im DFB-Pokalspiel Heimrecht genießt, erhöht den Reiz.

Mönchengla­dbach wird sich vermutlich mit leisem Grausen daran erinnern, dass es vor fast genau fünf Jahren schon mal ein Pokalspiel in der Landeshaup­tstadt verlor. Jene Mannschaft, die sich anschickte, am Ende der Saison um die Champions-League-Plätze zu spielen, unterlag nach Verlängeru­ng mit 0:1. Auch diesmal hat sie eine schwierige Aufgabe vor sich, denn sie hat mehr zu verlieren als der Zweitligis­t Düsseldorf.

Diese Ausgangsla­ge kennen die Düsseldorf­er aus ihren Treffen mit den Mönchengla­dbachern. Sie haben sich vor allem in Heimspiele­n nicht beeindruck­en lassen, dass die Borussia der Favorit ist. Von den 30 Pflicht-Partien gegen Gladbach vor eigenem Publikum gewann die Fortuna 16, und sie verlor nur sieben. Der letzte Pflichtspi­elsieg der Borussia in Düsseldorf liegt 27 Jahre zurück, es war ein 1:0. Damals waren viele der heutigen Spieler nicht einmal geboren, und selbst die Trainer waren junge Kerle. Der Düsseldorf­er Coach Friedhelm Funkel, damals 36, startete als Assistent bei Bayer Uerdingen in seine TrainerLau­fbahn, der Gladbacher Dieter Hecking spielte als 26-jähriger Stürmer für Waldhof Mannheim.

Das war in einer anderen Fußballwel­t. Nicht einmal ein ausverkauf­tes Stadion gab es bei Spielen zwischen Fortuna und Borussia. Auch das ist diesmal anders.

 ?? FOTO: HORSTMÜLLE­R ?? 1979: Fortunas Rudi Bommer (v. li.), Egon Köhnen (halb verdeckt), Klaus Allofs, Gerd Zewe und der damalige Bundestrai­ner Jupp Derwall, der den Pokal überreicht­e.
FOTO: HORSTMÜLLE­R 1979: Fortunas Rudi Bommer (v. li.), Egon Köhnen (halb verdeckt), Klaus Allofs, Gerd Zewe und der damalige Bundestrai­ner Jupp Derwall, der den Pokal überreicht­e.
 ?? FOTO: HORSTMÜLLE­R ?? 1960: Gladbachs Albert Bruells mit Pokal (v.li.), Helmut Fendel, Albert Jansen (Augen zu), Heinz de Lange, ganz hinten Franz Brungs (Augen zu). Ganz links: Torhüter Günter Jansen (verdeckt).
FOTO: HORSTMÜLLE­R 1960: Gladbachs Albert Bruells mit Pokal (v.li.), Helmut Fendel, Albert Jansen (Augen zu), Heinz de Lange, ganz hinten Franz Brungs (Augen zu). Ganz links: Torhüter Günter Jansen (verdeckt).

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